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die Derson, deren angebliche Tödtung die
Berurtheilung veranlaßt hat, noch lebe,
oder doch nach der Zeit des angeblich er-
folgten Todes noch gelebt habe.
Verneint das Gericht diese Frage, so
erkennt sofort der oberste Gerichtshof auf
Abweisung des Wiederaufnahmsgesuches.
Wird aber die Frage bejahr, so vernichter
der Gerichtshof das frühere Urtheil und
verweist die Sache, soferne er es den Umstän-
den angemessen erachtet, zur nochmaligen
Verhandlung und Enescheidung an die nächste
Schwurgerichtssitzung.
Art. 270.
In dem unter Nro. 3. des Art. 264.
bezeichneten Falle beauftragt der Gerichtshof
durch vorläusigen Bescheid den Staatsan-
walt am Appellationsgerichte, in dessen Be-
zirke die Untersuchung wegen falschen Zeug-
nisses anhängig ist, zur Vorlage des seiner
Zeit zu erlassenden Urtheils.
Wird der in Untersuchung gezogene
Zeuge in der Folge wegen falschen Zeug-
nisses schuldig erkannt und verurtheilt, so
vernichtet der oberste Gerichtshof sofort das
Urtheil, gegen welches Wiederaufnahme des
Strafoerfahrens gesucht wurde, und ver-
weist die Sache zur nochmallgen Verhand-
lung und Enrscheidung an die nächste Schwur-
gerichtssitzung.
Wird dagegen der wegen falschen Zeug-
nisses in Uncersuchung gezogene Zeuge nicht
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verurtheilt, so erkennt der Gerichtshof auf
Abweisung des Wiederaufnahmsgesuches.
Art. 271.
In den in Art. 264. und 265. be-
zeichneten Fdllen kann der Staatsanwalt
auch von Amtswegen die etwa nöthigen Er-
hebungen beantragen und die Wiederauf-
nahme betreiben.
Art. 272.
Was in Art. 248. Nro. 1. Abs. 2.
und 3. bezüglich der Bildung des Schwur-
gerichts und des Schwurgerichtshofes ver-
ordnet ist, findet gleichmäßig Anwendung,
wenn in Gemäßheit der Art. 269. und
270. die Verweisung an die nächste Schwur-
gerichtssitzung ausgesprochen wird.
Art. 273.
Ist zu der Zeic, wo das Gesuch um
Wiederaufnahme des Strafverfahrens an-
gebrache wird, mit dem Vollzuge der durch
das frühere Erkenntniß aufgelegten Strafe
noch nicht begonnen worden, so ist dieser
so lange zu verschieben, bis eneweder das
Gesuch vom obersten Gerichtshofe verwor-
fen oder im Falle der Zulassung desselben
die neuerliche Verhandlung beendigt ist.
Dagegen hemmt das Gesuch um Wie-
deraufnahme des Strafoerfahrens den Fort-
gang einer bereits angetretenen Freiheies=
strafe nur in so welt, als die Gegenware
des Angeklagten am Sihe des mit der neuer-
lichen Verhandlung beauferagten Geruches
erforderlich ist. 26“