Full text: Gesetzblatt für das Königreich Bayern. 1848. (9)

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Verhandlung vor dem urtheilenden Gerichte 
zur wesentlichen Grundlage erhalten. Dieser 
Hauptverhandlung soll bei den Collegialge- 
richten eine nach dem Beduͤrfniß bemessene 
schriftliche Einleitung vorangehen, welche 
die Bestimmung hat, die streitigen Punkte 
zwischen den Partheien festzusetzen, und 
dem mündlichen Vortrage eine gründliche 
Unterlage zu verleihen. 
Artikel 15. 
Bei der Ausführung dieses Systems 
soll hauptsächlich von den auf dem deutschen 
linken Rhein-Ufer bestehenden Einrichtungen, 
so weit sie sich durch die Erfahrung erprobt 
haben, ausgegangen werden. 
Was das bestehende Prozeß-Recht und 
die neueren Prozeß-Gesetze an brauchbarem 
Materlal darbieten, soll hiebei sorgfältig 
benützt und auf die Beibehaltung des Be- 
stehenden so viel als möglich Bedacht ge- 
nommen werden, jedoch unbeschadet der con- 
sequenten Durchführung der Grundprinzipien, 
welche jenem System zu Grunde liegen. 
Artikel 16. 
Das strafrechtliche Verfahren 
soll ebenfalls im Wesentlichen nach dem Vor- 
bilde der auf dem linken Rhein-Ufer be- 
stehenden Gesetzgebung geordnet werden. 
Insbesondere soll hiebei von folgenden 
Grundsätzen ausgegangen werden.“ 
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Artikel 17. 
Niemand kann wegen Verbrechens 
oder Vergehens zu einer Strafe verurtheilt 
werden, außer vermöge eines nach vor- 
gängiger Anklage gefällten Erkennenisses. 
Artikel 18. 
Kein Straf-Erkenntniß kann anders, 
als nach einer vor den urtheilenden Richtern 
abgehaltenen mündlichen, die ganze Be- 
weis-Aufnahme umfassenden Verhandlung 
gefällt werden. 
Artikel 19. 
Die Verhandlung über die erhobene 
Anklage ist bei Strase der Nichrigkeit 
öffentlich mit einziger Ausnahme der- 
jenigen Fälle, in welchen das Gericht dafür- 
hält, daß durch die Verhandlung Aergerniß 
oder Verletzung des Schamgefühles entstehen 
werde. 
Artikel 20. 
Der Ausspruch der Geschwornen über 
Schuld oder Nichtschuld der Angeklagten 
ist in Bezug auf die Artikel 10. Ziffer 4. 
erwähnten Fäklle ein wesentlicher Bestandtheil 
des Straf Verfahrens. 
Artikel 21. 
Das neue Polizey-Strafgesetz- 
Buch soll sich auf jene geringeren Rechts- 
Verletzungen erstrecken, deren Aburtheilung
	        
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