310 Letzte Jahre, Krankheit und Tod (1894 - 1902).
getrauten uns sogar, noch einen kleinen Ball zu geben,
zu dem meine beiden ältesten Schwäger aus Stuttgart kamen.
Der König war auch anwesend und schien sich gut zu unter—
halten. Bald wurden die Nachrichten aus Arco sehr schlimm.
Als wir die Todesnachricht ins Schloß gaben, kam der König
sofort zu uns, um zu kondolieren. Er war tief ergriffen
über den Tod dieses Mannes, der ihm seit fast fünf Jahr-
zehnten nahestand. Gern wäre er selbst zu dem Begräbnis
nach Wien gereist. Warum er es nicht tat, lehrt folgender
Brief an meinen Vater vom 20. Februar: „Die Zeit, wo Du
abwesend warst, war eine Zeit der Todesfälle, erst ganz
unerwartet Thümmel, der noch ganz munter am Sonntag
Abend bei uns war, dann Heygendorff und zuletzt der gute,
alte Albrecht. Ich habe ihn zuletzt in Schönbrunn gesehn,
wo ich neben ihm saß. Es freut mich sehr, Dich bei A.'s
Begräbniß zu wißen, wie gern wäre ich selbst gekommen,
aber Carola bat mich so dringend, eine Erkältung zu ver-
meiden, auch Fiedler, daß ich es aufgab. Bitte es aber zu
sagen, daß es mein großer Wunsch gewesen sei.“ Mein
Vater vertrat also den König bei dem Begräbnis in Wien.
Zum 80. Geburtstag des Fürsten Bismarck (1. April) sandte
der König den Oberhofmarschall Graf Vitzhum mit einem
Handschreiben. Diesen hatte Albert ausgewählt, weil er dem
alten Herrn von seiner diplomatischen Dienstzeit her nahe-
stand. Im übrigen sprach sich der König gegen die über-
triebene Art der Feier aus.
Zum 23. April kam der Kaiser wiederum. Im Juni fand
die Einweihung und Eröffnung des Nçord-Ostseekanals statt.
Der König konnte zu der Feier reisen. Anfangs wohnte
er in Hamburg in der Villa von Fräulein ZFenisch am
Alsterbassin. Dann schiffte er sich auf dem „Kaiser-Adler“
ein. In Kiel wurde eine Rundfahrt im Hafen gemacht.
Am 21. war die feierliche Eröffnung des Kanals. Die Flotten-
parade sah sich Albert an Bord der Kaiseryacht Hohenzollern
an. Später machte er seinem Aeffen, dem Herzog von Genua,