Das Heer. 277
Armee selbst für den dreifachen Lohn nicht in ihre frühere Stellung als Knechte
zurückkehren würden. Die Leute fühlten sich als Angehörige des preußischen
Heeres und gaben elwas darauf, ihrem Regimente — denn ein solches bildete
mit seiner eigenen Oekonomie, eigenem Prediger, Auditeur, Feldscheer, Schul-
meister, Zahl= und Proviantmeister ein in sich abgeschlossenes Ganzes — an-
zugehören.
Selbst das Drillen, die Einübung der technischen Kenntnisse, der militärischen
Fertigkeit hat man zu tadeln gewußt, und ein Prinz Eugen steht an der Spitze
dieser Tadler. Denn wie die Uniformierung der Armee, schon vom Großen Kur-
fürsten begonnen, voll durchgeführt aber erst vom König wurde, so wurde jetzt
auch erst das einheitliche Exerzitium durch die ganze Armee mit dem Feuereifer
der alles überwindenden Energie der großen beiden „Exerzitienmeister", des Königs
und des Fürsten Leopold, von jenem auf dem Paradeplatz in Potsdam, von
diesem auf der Wiese zu Halle, durchgeführt. Aber eben dies einheitliche Exer-
zitium hat die Ruhe der Truppen im Feuer, die Sicherheit, mit welcher der
Feldherr über sie in Schlachten verfügen konnte, hat „jene spartanische Kraft ge-
schaffen, die ihrer Zeit Schlesien erobern und behaupten sollte".
Auch über die Bevorzugung der Militärs vor den Zivilbeamten hat man
geklagt, und diese haben sie ohne Zweifel oft schwer empfunden. Denn nicht nur
wurden jene in weitaus höherem Maße des persönlichen Umganges mit dem
König gewürdigt, sondern wie an der Spitze der Verwaltung oft Generale standen,
so brauchte der König fast für alle Zweige der Verwaltung, bald zur Ausführung
sachlicher Aufträge, bald zur Spionage über die Beamten, seine Offiziere, und für
die Ausübung der Subalternstellen hielt er seine Unteroffiziere überhaupt für
vorzüglich geeignet. Und richtig war jedenfalls, daß die Militärs gerade in der
Richtung, in welche der König die Verwaltung gebracht sehen wollte, von vor-
züglicher Brauchbarkeit waren, während es an genügend vorgebildeten Zivilisten
oft noch mangelte. Andererseits aber that der König alles, um die Amtsbefug-
u e zwischen Zivil- und Mitlitärverwaltung abzugrenzen, und gerade auf diesem
Gebiet hat, wie auf dem der Werbungen, früher der „Anekdotenjäger mehr
gesündigt, als der vrgleichende. Rechtshistoriker erforscht".
ichts aber war zutreffender, nichts sittlich berechtigter, als wenn der
König dem wohlfeilen Spotte, den die entsittlichten und verfaulten Höfe über seine
„Soldatenspielerei“ erhoben, den Hinweis entgegensetzte, wie jene für die frivolsten
und schmutzigsten Dinge die lächerlichsten Summen hingäben, seine Ausgaben,
seine Thätigkeit für das Heer aber allein zum Heil und Segen für den Staat
seien. Ihm war es bitterer Ernst, und in seiner Lage mußte es ihm bitterster
Ernst sein, eine feste und hinreichend große Truppenzahl zu haben, um sein Land,
seinen Staat zu verteidigen, und indem er sein Heer an Zucht, Gehorsam und
Pflichttrene gewöhnte, indem er aus den losen Werbetruppen Friedrichs I. all
mählich ein vaterländisches, d. h. großenteils aus Inländern bestehendes und von
einheimischen Offizieren geführtes Heer schuf, gab er seinem Staat die innerliche
Kraft, auch den heftigsten Stürmen zu widerstehen. Vor allen Dingen schaffte
er jede Art Miliz ab, denn nur ein stehendes Heer konnte dem Zwecke genügen.
Wie überall in jener Zeit, mußte auch er werben lassen, und bis zu 1000 Werbe-
offiziere soll er teilweise gehabt haben. Aber schon 1714 verbot er die gewalt-
same Werbung, und zwar aus volkswirtschaftlichen Rücksichten, da sie auf die