Full text: Geschichte des Preußischen Staates

Kaiser Josephs Eroberungspläne. 397 
ehrgeizigen Pläne, als er im Jahre 1775 erkrankte! Auch Schlesien mußte 
ja dann sofort an Oesterreich zurückfallen! Doch die Vorsehung verlängerte das 
Leben des Königs, und Joseph mußte auf eine andere Gelegenheit warten. 
Nun aber fügte es sich, daß der Kurfürst Max Joseph von Bayern gerade 
zu einer Zeit (Ende 1777) starb, wo die nordamerikanische Union begründet, 
Friedrich sie auerkannt, ihre Gesandten empfangen hatte, und sowohl der Seekrieg 
gegen England wie der aufs neue auflohende Kampf zwischen der Pforte und 
Rußland die europäische Staatenwelt vollauf in Atem hielt. Jeht glaubte Joseph 
die Zeit zur Ausführung seines alten Strebens gekommen, und günstig genug war 
in der That der Augenblick, um mit der Erwerbung Bayerns zugleich das öster- 
reichische Uebergewicht im Süden und am Rhein sicher zu stellen. Ohne Rück- 
sicht auf das Erbrecht des Pfalzgrafen Karl Theodor von Zweibrücken, ohne 
Rücksicht auf den allgemeinen Krieg, den er entzünden konnte, besetzte Joseph 
Niederbayern, und die deutschen Fürsten erzitterten. Wer war seines Besitzes 
noch sicher, wenn Oesterreich kraft des Rechts der Gewalt ein deutsches Fürsten- 
haus so beiseite schieben konnte? Und wer anders hätte helfen können, als 
Friedrich, den die Fürsten allerdings durch den gegen ihn geführten Reichskrieg 
nicht gerade sich verbunden hatten! Auf die Gefahr hin, einem neuen sieben- 
oder nach dem Ausdruck des Kanzlers Kaunitz einem zwanzigjährigen Vernichtungs- 
kriege entgegen zu gehen, sprang Friedrich in die Bresche. „Der Ehrgeiz des 
Kaisers muß sicherlich", schrieb er, „in Schranken gehalten werden; wenn er 
unter den gegenwärtigen Umständen seinen Willen durchsetzte, so würde sein 
Ehrgeiz, darauf kann man sich verlassen, so ausschweifend werden, daß es keinen 
Damm mehr gäbe, ihn zurückzuhalten. Nicht wegen der Uebel, die jetzt ent- 
stehen könnten, bin ich in den Krieg gezogen, sondern um denjenigen zuvor- 
zukommen, mit welchen die Zukunft bedroht ist". Das allgemeine Erbeben, das 
nicht lange nachher aufs neue durch die deutsche Fürstengemeinschaft über Josephs 
ausschweifende Pläne ging, sollte den Scharfblick Fichrichs nur zu sehr als den 
richtigen darstellen. Für jetzt zuckte der Kurfürst Karl Theodor in ängstlicher 
Schen zusammen und beeilte sich, in einer Verabredung Josephs Forderungen zu. 
entsprechen. Ja lediglich dem Sporn, den Friedrich dem Thronfolger Karl 
Theodors, dem Herzog von Zweibrücken, eindrückte, nur den wiederholten Er- 
mahnungen Friedrichs, die Würde und den Ruhm seines Hauses, die Selb- 
ständigkeit seines Landes aufrecht zu halten, war es zu danken, daß nicht auch 
dieser der Verabredung beitrat. Noch versuchte Friedrich den Frieden zu retten, 
und in Petersburg wie in Paris und auch in Dresden — deun Sachsen hatte 
Ansprüche auf den überaus reichen Allodialnachlaß des vesterteren Kurfürsten 
— mußten seine Gesandten arbeiten, um das gute Recht der deutschen Fürsten 
gegen österreichische Habgier zu vertreten. Ja auch diese sen suchte Friedrich 
zu einer einmütigen Erhebung, zu einem Fürstenbunde zu bewegen. Doch wieder 
mußte er es erfahren, daß alle Mühe, die seine Minister Finckenstein und Hertz- 
berg, wie der frühere preußische Gesandte in Wien, Freiherr von Edelsheim, 
aufwandten, vergeblich war. Entrüstet schrieb er: „Diese Reichsfürsten sind 
lauter Furcht und ohne Thakkraft; das ist eine Schande für unser Jahrhundert, 
und r erröte darüber für Deutschland“ 
o schien es zur Entscheidung zarh die Waffen kommen zu müssen. 
Juli rückten die preußischen Truppen ins Feld, und die sächsischen machten
	        
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