398 Bayerischer Erbsolgelrieg.
marschfertig. Wohl hat man gesagt, Joseph habe mit der Besetzung Bayerns
Friedrichs Verfahren vor dem ersten schlesischen Kriege „kopiert". Man hätte
aber auch hinzufügen müssen, daß dem Verfahren Friedrichs, bei aller Kühnheit,
und wie aggressiv es sein mochte, ein sittlich wie rechtlich gut begründeter Anspruch
zu Grunde lag; Josephs Verfahren aber die schnödeste Verletzung jedes Erb-
rechtes, jedes moralischen Gefühls war. Mit größerer Berechtigung wird man
sagen dürfen, diesmal habe Friedrich erreicht, was er früher vergeblich ver-
sucht hatte. Denn nicht sobald hatte er die Waffen ergriffen, als seine Verhand-
lungen auch Erfolge aufzuweisen hatten. Wie stürmisch, wie ungestüm der Kaiser
zu kriegerischer Entscheidung drängte, so entsprach diese keineswegs den Absichten
seiner Mutter. Allerdings klagte sie schon damals, daß der Sohn ihr das Heft
aus den Händen winde, aber die Nachrichten aus Paris stimmten die Hoffnung
auf französischen Beistand tiefer und tiefer — wie auch hätte Frankreich ein
solches Uebergewicht Oesterreichs, wie Joseph es plante, in Deutschland dulden
mögen! — und aus Petersburg lauteten die Meldungen schlimmer und schlimmer.
Man mußte die bewaffnete Vermittelung Katharinas fürchten. So kam es, nach-
dem Joseph den Waffenstillstaud zu brechen und das schlesische Neustadt nieder-
zubrennen den traurigen Mut gehabt, in Teschen zu Friedensverhandlungen,
u# die am 13. Mai zum Abschluß führten. Danach blieb die Selbständigkeit
Bayerns, wenn es auch das Innviertel an Oesterreich abtreten mußte, erhalten,
und auch Sachsen ward durch Bayern für seine Ansprüche mit einer Geldsumme
entschädigt. So war das für Preußen wie für alle deutschen Stämme gleichmäßig
bedrohliche Uebergewicht Oesterreichs glücklich abgelehnt, das Recht und der Besitz
der deutschen Fürsten war gewahrt, und es war sogar gelungen, einem guten
preußischen Recht die bisher vermiedene Anerkennung Oesterreichs zu gewinnen.
Wir erzählten früher, wie die fränkischen Stammlande Ansbach und Bayrenth
vom Kurfürsten Joachim Friedrich 1603 seinen jüngern Brüdern abgetreten
wurden. Nun waren deren Häuser dem Erlöschen nahe, und ihre Länder mußten
mithin an das Stammhaus zurückfallen. Natürlich war den Oesterreichern die
Aussicht, die schwarz-weißen Pfähle im Süden des Main aufgerichtet zu sehen,
höchst unwillkommen. In diesem Frieden aber mußten sie dem Könige selbst
die Brücken über den Fluß schlagen und das preußische Erbrecht anerkennen.
Wohl war nun Friede, und Friedrichs Ansehen stieg von Tag zu Tag; nun
endlich war auch der Gegner überzeugt, daß Friedrich der starke Hort des deutschen
Reiches, der Schutz und Schirm des bedrängten Rechtes sei. Aber je wuchtiger
Kaiser Joseph durch die Vereitelung seiner Absichten getroffen war, um so kühner
schmiedete er an neuen Plänen, doch noch die österreichische Herrschaft auszu-
dehnen und das Reich zu zerschlagen. Einen Damm hatte ihm Friedrich freilich
vorgebaut, nun dachte Joseph, den Strom so anschwellen zu lassen, daß er den
Damm durchbrach. Frankreich hatte ihm nichts genutzt, Rußland war ihm an
Friedrichs Seite entgegengetreten. Was konnte ihm angezeigter erscheinen, als
einen vollen Systemwechsel vorzunehmen, eng sich an Rußland anzulehnen und
Friedrich in Petersburg aus dem Sattel zu heben? Und in der That besaß er
ja den Balsam, der ihm Katharinas Herz öffnen mußte. 5 er den orienta-
lischen Vergrößerungsplänen Rußlands freien Lauf, so gab ihm Katharina gut
und gern Deutschland preis, that dies um so lieber, als die preußischen Beziehungen
in Konstantinopel die besten, und Friedrichs Absichten gegen die Pforte die wohl-