Full text: Geschichte des Preußischen Staates

746 Kaiser Wilhelm II. 
Fahrzeuge, eine Torpedoflotte von 146 Schiffen und Booten mit 16581 Mann; 
wie unendlich weit sie noch hinter der englischen und selbst der französischen 
zurückstehen mag, so hat sie die russische und italienische erreicht, an frischer 
Offensive und an moralischer Kraft aber wird sie, dessen sind wir sicher, die 
Flotten anderer Nationen weit übertreffen. Die Kolonialpolitik wurde der Gegen- 
stand ernstester Sorgfalt. Glückliche Expeditionen im dunklen Weltteil wurden 
durchgeführt, Aufstände, die sich zeigten, namentlich der des Hendrik Witboi nieder- 
geschlagen, die Grenze am Kilimandscharo mit England und Frankreich vereinbart, 
eine Schutztruppe gebildet, für Förderung von Kultur und Handel in Kamerun 
nicht unerhebliche Mittel bereit gestellt. Witu freilich wurde an England ab- 
getreten, dafür aber endlich das Eiland in der deutschen Nordseeküste, Helgoland 
gewonnen. Endlich wurde der Nord-Ostsee-Kanal fertig Gestellt und in feier- 
licher Versammlung deutscher Fürsten, der hohen Beamten und einer großen Zahl 
von Schiffen aller seefahrender Nationen durch den Kaiser eröffnet. Mehr und 
mehr zeigt sich seine Bedeutung für den Handel und die Industric, die überdies 
durch Verträge mit anderen Staaten, durch die Fortbildung des Eisenbahnwesens 
wesentlich gefördert wurden und gerade jeht in großer Ausstellung der Welt zu zeigen 
suchen, in welcher Blüte sie sich befinden. Wohl klagt man über die finanziellen 
Opfer, die ein Krieg den Nationen auferlegt, aber deutlicher ist selten auch die kultur- 
fördernde Macht der Kriege in die Erscheinung getreten als bei den Kämpfen um 
die deutsche Einheit. Mit überwältigender Macht zeigt es gerade die Zunahme des 
deutschen Handels. Während die Zahl der Segelschiffe naturgemäß infolge der 
veränderten Technik von 4 303 im Jahre 1875 auf 2713 im Jahre 1894 zurück- 
gegangen ist, stieg die der Dampfer in derselben Zeit von 209 auf 1016, 1895 auf 
1043, und der Zahl der Tonnen nach ist die deutsche Handelsflotte die zweite der Welt. 
1890 beförderten die mit Reichsunterstützung vom Norddeutschen Lloyd betriebenen 
Reichspostdampser auf der ostasiatischen Linie eine Ladung von 66 548 kbm, auf 
der australischen 56 954, im Jahre 1894 aber auf jener 112 102, auf dieser 
77212 kbm. In geradezu überraschender Weise hob sich der Handel, und seit- 
dem Deutschland geeinigt und sich der durch die Einigung geschaffenen Macht- 
mittel bewußt geworden ist, nimmt es endlich gleichberechtigt an dem Weltverkehr 
teil, und jetzt erst, da ein machtvolles Deutschland besteht, zeigt sich der gewaltige 
Wert der Mitherrschaft auf der See, zeigt sich der Sinn und die Bedeutung 
der Jahrhunderte langen Kämpfe um die deutschen Küsten. Allein von 1860 bis 
1890 stieg der Wert der deutschen Einfuhr nach Amerika von 18 auf 99 Millionen 
Mark, nach Brasilien zwischen 1881 und 1893 von 10½ auf 62 Millionen, 
nach Argentinien von 6 auf 51 Millionen, während Brasilien 1881 für knapp 5, 
1893 aber für über 125 Millionen und Argentinien 1881 für 31, 1893 aber für 
102 Millionen Waren in Deutschland einführte. Nicht anders ist es mit dem Handel 
nach Asien und Australien. Die Einfuhr Chinas nach Deutschland hob sich zwischen 
1885 und 1893 von kaum einer auf mehr als 14 Millionen, die deutsche Ausfuhr 
dorthin von 16⅛½ auf mehr als 33 Millionen, die Einfuhr Japans von wenig über 
200 doo auf über 7 Millionen, die deutsche Ausfuhr dorthin von 4½ auf 
18⅛ Millionen, die Einfuhr aus Australien von 8 auf 18, die deutsche Aus- 
fuhr dorthin von 9 gar auf 96¼ Millionen Mark Wert. Ja, der Gesamthandel 
Deutschlands nahm in zwölf Jahren von 1882 bis 1894 um mehr als 
1000 Millionen zu, stieg von 6 323 082 000 auf 7 337 013000. Nimmt man
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.