Kaiser Wilhelm II. 749
ganze Geschichte unseres Staates ist durchzogen von politischen und finanziellen
Opfern, welche der Adel der Gesellschaft hat bringen müssen, und doch ist sein
Ansehen kaum jemals größer gewesen als hent, wo er mitten in der Arbeit der
Nation steht. Welche Opfer also auch das Kapital bringen muß, dem nationalen
Wohlstand werden sie nicht verloren sein.
Auch darüber dürfen wir uns endlich nicht täuschen, die Versöhnung wird
noch viele Zeit erfordern. So tief greifende Reformen bedürfen zu ihrer Gestaltung
der Jahrzehnte, ganzer Zeitalter und sind nicht mit diesem oder jenem Akt gelöst.
Einst schien es des freien Mannes unwürdig, anders als mit den Waffen dem
Staate zu dienen, heut aber fehlt keinem Unterthanen das Bewußtsein von der
Notwendigkeit der Staatssteuern, und selbst die noch in unseren Tagen als unsitt-
lich verfehmte Ausgleichung durch mittelbare Besteuerung hat die weiteste An-
erkennung gefunden. Die allgemeine Schulpflicht und mehr noch die allgemeine
Wehrpflicht haben anderthalb Jahrhunderte mit unermeßlichem Widerwillen zu
ringen gehabt, heut aber halten beide Grundsätze ihren Siegeslauf über die ganze
Welt und ruhen fest und sicher auf dem sittlichen Bewußtsein unseres Volkes.
So wird auch die allgemeine Gesellschaftsplict noch schwere Anfeindungen durch-
zukämpfen haben. Aber die wunderbarsten Erfolge dankt unser Vaterland, dankt
Europa den Hohenzollern. Kein Zweifel denn für den, welcher den Gang
der Weltgeschichte beachtet, auch diesen Werk wird die Weihe der Vollendung
nicht fehlen, wenn anders die Nation ihrem Kaiser entgegenbringt die Treuc der
deutschen Arbeit und das volle Vertrauen zur Thatkraft und zur Pflichttreue der
Hohenzollern.
Druck der Beuckmann'schen Buchdruckerel in München.