Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dez. 26 29. 173
Politik von Anfang an, sich auf die höheren Gesellschaftsklassen zu stützen.
Diese sind durch und durch französisch gesinnt. Wenn die „Notabeln“ auch
klug genug sind, sich in neutralen Angelegenheiten willfährig Zu zeigen, so
machen sie doch kein Hehl aus ihrer Antipathie gegen alles, was deutsch ist.
Das Gros der Bevölkerung ist an und für sich weniger antipathisch. Man
will eine gute Verwaltung und möglichst niedrige Steuern, man verlangt
eine Wirtschaftspolitik, welche die Industrie und den Gewerbefleiß schützt.
Der Elsässer ist ein nüchterner und praktischer Mensch. Wenn er sieht, daß
er durch die Notabeln nichts mehr erreichen. kann, werden diese ihren Einfluß
verlieren; derselbe wird naturgemäß auf Diejenigen übergehen, an die er sich
nun wenden muß. um etwas zu erreichen.
26. Dezember. (Preußen.) Ein Schreiben des Arbeits-
ministers und des Finanzministers an die Berlin-Hamburger Eisen-
bahn erklärt die Bereitwilligkeit der preußischen Regierung, die Ver-
handlungen über die Abfindung der Aktionäre fortzusetzen und den
Abschluß einer gütlichen Vereinbarung vorzubereiten. Um jedoch
im Staatsinteresse nichts zu versäumen, wird auf Grund des Ge-
setzes vom 3. November 1838 schon jetzt für alle Fälle die auf
übernahme der Berlin-Hamburger Bahn gerichtete Absicht der
Staatsregierung angekündigt, so daß die übergabe an den Staat
spätestens zu Neujahr 1885 erfolgen müsse.
27. Dezember. (Preußen.) Der Kultminister hat einen Teil
der erst am 18. d. vom Bischof von Kulm eingesandten Dispens-
gesuche, die für die Diözese Breslau, schon erledigt und zurückgesandt.
Die preußische Regierung beeilt sich also, das neueste kirchenpolitische
Gesetz so schnell wie nur möglich zur Ausführung zu bringen und
damit der „kirchlichen Not“, soweit sie wirklich besteht und nicht
eine bloße ultramontane Phrase und Agitationsmittel ist, abzuhelfen.
28. Dezember. (Bayern.) Der König erhebt den Minister-
präsidenten v. Lutz in den erblichen Freiherrnstand des Königreichs
und gibt damit aufs neue kund, daß er an diesem Ministerium fest-
halte und sich von der ultramontanen Mehrheit der II. Kammer
keine Minister aufzwingen lasse, deutet dadurch aber allerdings
auch an, daß er mit den bisherigen Konzessionen des Ministers an
die ultramontane Partei seinerseits einverstanden ist. Die Partei
stützt sich eben doch, momentan und vielleicht noch auf längere Zeit,
auf die Mehrheit der Bevölkerung seines Landes.
29. Dezember. (Preußen.) In der letzten Stichwahl für
die Berliner Stadtverordnetenversammlung siegt der Kandidat der
Arbeiterparkei mit 980 über den der Bürgerpartei mit 861 Stimmen.
Die Berliner Stadtverordnetenversammlung wird demnach künftig
zählen: 109 Fortschrittler und solche Liberale, die in kommunalen