— 32 —
([No. 4.) Sdikt über die Einziehung sämmtlicher geistlicher Güter in der Monarchie.
Vom 30sten Oktober 1810.
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von
NPreußen 2c. 2c.
In Erwägung daß
a. die Zwecke, wozu geistliche Stifter und Klöster bisher errichtet wurden
theils mit den Ansichten und Bedürfnissen der Zeit nicht vereinbar sind, theils
auf veraͤnderte Weise besser erreicht werden koͤnnen;
b. daß alle benachbarte Staaten die gleichen Maasregeln ergriffen haben;
c. daß die puͤnktliche Abzahlung der Contribution an Frankreich nur dadurch
moͤglich wird;
d. daß Wir dadurch die ohnedies sehr großen Anforderungen an das Privat-
Vermögen Unserer getreuen Unterthanen ermäßigen, verordnen Wir wie
folgt:
6S. 1. Alle Klöster, Dom= und andere Stifter, Balleyen und Commenden,
sie mögen zur katholischen oder protestantischrn Religion gehören, werden von
jetzt an als Staats-Güter betrachtet.
§. 2. Alle Klöster, Oom- und andere Stifter, Balleyen und Commenden
sollen nach und nach eingezogen und für Entschädigung der Benutzer und Berech-
tigten soll gesorgt werden.
6. 3. Vom Tage dieses Edikts an, dürfen
a. keine Anwartschaften ertheilt, keine Novizen aufgenommen und Niemand in
den Besitz einer Stelle gesetzt werden;
b. ohne Unsere Genehmigung keine Veränderung der Substanz vorgenommen
werden.
. keine Capitalien eingezogen, keine Schulden kontrahirt, oder die Inventa-
rien veräußert werden;
d. keine neue Pacht-Contracte ohne Unsere Genehmigung geschlossen, keine
dltere verlängert werden.
Alle gegen diese Vorschriften unternommene Handlungen sind nichtig.
§S 4. Wir werden für hinreichende Belohnung der obersten geistlichen Be-
hörden und mit dem Rathe derselben für reichliche Dotirung der Pfarreien, Schu-
len, milden Stiftungen und selbst derjenigen Klöster sorgen, welche sich mit der
Erziehung der Jugend und der Krankenpflege beschäftigen und welche durch obige
Vorschriften entweder an ihren bisherigen Einnahmen leiden oder deren durchaus
neue Fundirung nöthig erscheinen dürfte.
Gegeben Berlin, den 30sten October 1810.
Friedrich Wilhelm.
v. Hardenberg.