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G. 08. Wenn im Publikum Geruͤchte uͤber ein Mitgled der Korporation
umlaufen, wodurch basselbe solcher Handlungen beschuldigt wird, die, wenn sie
erweislich wären, die Ausschließung zur Folge haben würden, so sind die Vor-
steher berechrigt, dieses Mitglied vor sich laden zu lassen, ihm mit Schonung diese
Gerüchte zu eröffnen, eine Warnung zu erlassen, und ihm anheim zu geben, zur
Erhallung seines guten Rufs sich zu vertheidigen. Geschieht dies nicht, erhalten sich
vielmehr die Gerüchte, und bleibt auch eine zweite Warnung ohne Erfolg, so bleibt
es dem Ermessen des Vorsteheramts überlassen, nach Maaßgabe des Gerüchts das
bezüchtigte Mirglied dem behörigen Kriminalgericht zur Unrersuchung anzuzeigen.
Eilfter Abschnitt.
Von den Lehrlingen und Gehülfen.
&. 00. Die Verträge, welche Mitglieder der Korporation über die An-
nahme der Lehrlinge und Gehülfen schrifrlich abzuschließen haben, sind zwar an
und für sich eine bloße Privatangelegenheit, sie können jedoch bei dem Vorsteher=
amte verlautbart werden, welches auch die Zeugnisse nach beendigter Lehr= und
Dienstzeit zu bestätigen, und bei diesem wichtigen Theile seines Berufs dahin zu
wirken har, daß Rechtlichkeit, Ordnungsliebe und Sachkenntniß als die wahren
Grundlagen kanfmännischer Bildung anerkann' und behauptet werden. Das Verfah-
ren hierbei bleibt der Wahl des Vorsteheramtes uberlassen; es ist jedoch verpflichtet,
sich darüber auf Erfordern der Obrigkeit zu jeder Zeit gründlich auszuweisen.
K 100. Jedes Mitglied der Korporation ist verpflichtet, einen Lehrling
oder Gehülfen auf die Aufforderung des Vorsteheramts sofort zu entlassen, wenn
dieses wegen solcher Vergehungen gefordert wird, welche bei Mitgliedern der Kor-
poration die Ausschließung begründen würden.
Zwölfter Abschnitt.
Von der Ausübung des Rekurses an die vorgeordneten Instanzen.
§b. lol. Dem Magistrate zu Memel wird die Befugniß überkragen, in
den Fällen, welche durch Beschwerden an ihn gelangen, die Gesetzmäßigkeit der Aus-
sprüche des Vorsteheramts zu prüfen, und zunächst darüber zu entscheiden.
§. IO2. Der Rekurs muß binnen zehn Tagen nach dem bescheinigten Em-
pfange des Bescheides, oder der Bestimmung, welche zur Beschwerde Veranlas-
sung giebr, angebracht, und alsdann vor der Anwendung der Strafmaaßregel,
und vor der Rcalisation der den Gegemtand der Beschwerde ausmachenden Be-
siimmung die Entscheidung abgewartet werden. Eine Ausnahme hiervon findet
nur in dem F. 72. bemerkten Falle statr.
S. 103.