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Der Erbschaftsstempel wird nach dem ganzen Antheile jedes einzelnen
Theilnehmers zwar für diesen besonders berechnet; Erben und Miterben sind
jedoch für die richtige Bezahlung desselben solidarisch verhaftet.
Inhaber der Erbschaft, Bevollmächtigte der Erbinteressenten, oder Testa-
mentsvollzieher dürfen die Erbschaft, einzelne Erbeheile oder Vermächtnisse, nur
nach Abzug der darauf treffenden Stempelsteuer, oder nachdem ihnen die Berich-
tigung derselben nachgewiesen worden, ausantworten, und bleiben in dem ent-
gegengesetzten Fall für die Steuer verhaftet-
§. 17. Die Gerichtsbehörden sind besonders verpflichtet, dafür zu sorgen,
daß der Werth der siempelpflichtigen Erbschaften, Vermächtnisse und Schenkun-
gen ausgemittelt, der Betrag des davon zu entrichtenden Stempels bestimmt,
und die Lösung desselben binnen sechs Monaten, vom Erbanfalle an gerechnet,
nachgewiesen werde.
In den Regierungsbezirken Kölln, Düsseldorf, Koblenz, Trier und Aachen
bleiben jedoch die Gerichtsbehörden von dieser Obliegenheit befreiet, und die
Berechnung und Einziehung des Erbschaftsstempels wird durch die von dem
Finanzministerium zu ernennenden Behörden besorgt werden.
Für Unsere Residenzstadt Berlin verbleibt es gleichfalls bei der bisherigen
Ausnahme, wornach die Aufsicht über die Ermittelung und Berichtigung der
Erbschaftsstempel daselbst zunächst der besonders dazu bestimmten Verwaltungs-
behörde obliegt, die Gerichte aber nur eine entfernte Mitwirkung dabei haben.
Sämmtliche vorbemerkte Behörden, welche mit der Ermittelung und Ein-
ziehung des Erbschaftssiempels beauftragt sind, erhalten zu dem Ende periodicch
Auszüge aus den Todtenlisten. Auch ist Jeder, dem eine stempelpflichtige Erb-
schaft, Bermächtniß oder Schenkung im Inlande zufällt, verpflichter, binnen
drei Monaten nach erfolgtem Anfalle eine wenigstens vorläufige Anmeldung die-
ses Anfalls bei gedachten Behörden einzureichen, und diese Verpflichtung liegt
auch den Erben in Rücksicht der aus der Erbschaft zu zahlenden Bermächtnisse
und Schenkungen ob.
Nähere Vorschriften, wie von den Gerichten und sonstigen Behörden dle
Aufsicht über den Erbschaftsstempel zu führen ist, erhalten dieselben von den be-
treffenden Ministerien.
§. 18. Kein Gericht oder Notar darf bei eigener Vertretung der Stem-
pelsteuer eine Handlung für Erben, Legatarien oder Donatarien in Bezug auf
ihnen zugefallene Erbschaften, Vermächtnisse oder Schenkungen vornehmen,
bevor nicht nachgewiesen worden, daß en. weder der Erbschaftsstempel bereits
berichtigt, oder doch wenigstens die Behörde, welcher die Aufsicht über die Aus-
mittelung und Berichtigung des gedachten Stempels zunächst obliegt, von der
vorzunehmenden Handlung unterrichtet sey.
Jahrgang 1822. — 5. 10.