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([o. 1018.) Allerböchste Kabinetsorder vom 2 1sten Juli 1326., die Dienstrergehungen der
Gerichtsschreiber und Gerichtsvollzieher in den Wbeinprooinzen betreffend.
J. bestimme auf Ihren im Berichte vom 18ten Juli c. enthaltenen Antrag,
daß den Gerichten der Rheinprovinzen, gleich wie es in der Verordnung vom
25sten April 1822. wegen der Notarien geschehen, die Befugniß beigelegt wer-
den soll, auch gegen die Gerichtsschreiber und Gerichtsvollzieher, wegen Dienst-
vergehungen selbstständig zu erkennen. Zu dem Ende setze Ich Folgendes fest:
6 1) Bei dem Appellationshofe, den Assisenhöfen, den Landgerichten und
den Handelsgerichten erkennet jeder Senat oder jede Kammer über diejenigen
Disziplinarvergehen der Gerichtsschreiber und Gerichtsvollzieher, welche i in seiner
Sitzung statt finden, ohne daß eine Berufung zulaͤßig ist.
2) Alle andere, zu einer Disziplinar-Ruͤge geeignete Handlungen der ge-
nannten Beamten, mit Ausnahme der bei dem Appellationshofe angestellten
Gerichtsschreiber und Gerichtsvollzieher, werden, auf Betreiben des Ober-Pro-
kurators, vor eine Zivilkammer des Landgerichts, in dessen Bezirk der Beschul-
digte wohnt, gebracht, und es wird darüber entschieden, nachdem der Beschuldigte
geladen und, wenn er persönlich erschienen ist, in seiner Vertheidigung gehört
worden ist.
3) Die Disziplinarstrafen, welche die Gerichte, nach Maaßgabe der
Schwere des, dem beschuldigten Beamten zur Last fallenden Vergehens, zu er-
kennen haben, sind Ermahnung, Warnung, Verweis, Geldstrafe von 5 bis
20 Thalern, Suspension und Diensientsetzung. Eine Suspension darf nie auf
mehr als drei Monate erkannt werden. Ein Verweis zieht den Verlust eines
monatlichen Gehalts, die Suspension den Verlust desselben auf ihre ganze
Dauer nach sich.
4) Gegen alle Entscheidungen dieser Arr (§. 2. und 3.), so wie gegen
diejenigen, hinsichtlich der Notarien nach der Verordnung vom 25sten April 1822.,
soll die Berufung an den rheinischen Appellationshof, sowohl von Seiten des
Ober-Prokurators, als des Angeschuldigten, zuläßig seyn. Wenn jedoch das
Erkenntniß der ersten Instanz eine Suspenston, oder die Dienstentsetzung aus-
spricht, so muß der verurtheilte Beamte, vom Tage der Zusiellung des Urtels,
bis zu einem in zweiter Instanz zu seinen Gunsten erfolgten abändernden Er-
kenntnisse, sich der Auslübung seines Amts enthalten, bei Vermeidung der, im
Strafgesetzbuche angedrohten Strafen und der Nichtigkeit der von ihm vorge-
nommenen amtlichen Verhandlungen.
5) Die Disziplinarvergehen der bei dem Appellationshofe angestellten Ge-
richtsschreiber und Gerichtsvollzieher werden, auf Betreiben des General-Pro-
kurators, von dem zweiten Zivilsenate des genannten Gerichtshofes bestraft.
Die