Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1835. (26)

eren Raͤumen, durch ihre Berbaͤnnung diefelbe verlieren; mit anberen Worten: auch bie fluͤchtigen 
ntagien find in verschiedenem Grabe lerstreubar (dilfusibel) und der Zersetzung fähig. — Im 
Allgemelnen aber werden die flüchtigen Contagien schneller unwirksam, als die fixen. 
5. Wie die Dauerhaftlgkelt der einzelnen Ansteckungssioffe verschieden ist, so ist auch die 
Intenslect einer und derselben Art von Contazium nicht in aleen Fällen der Krankheit und nicht un- 
kter allen Umständen glelch. Dle Individualitck des kranken Suhse to, die dußeren, namentlich atmo- 
sphärischen Verhältnisse und der wieder von beiderlei Umständen abhängige verschiedene Grak und Cha- 
rakter der Krankheie üben darauf niche selten einen modifizirenden (freilich aber immer erst aus der 
Wirkung erkennbaren) Einfluß. # 
In Gegenden, wohin der Ansteckungsstoff zum erstenmale gelangt, pflegt er sich oft intensiv 
stärker zu zeigen, als in solchen, wo er schon seit langer Jeic einheimisch ist; so hat man dies u. a. 
an dem Gift der Blattern und der Luftseuche gesehen. Manche Contagien gewinnen in bunstigen, 
namentlich mit animalischen Ausdünstungen überfüllten und wenig gelüsteten Näumen ganz insbeson- 
dere an Intensitäe, während eine reine Atmosphäre zuweilen allein genügt, sic zu entkräften, wo nicht 
vollständig zu vernichten. So gile dies namentlich von dem Contagium des Typhus, der Ruhr, der 
kontagissen Augenentzündung. Auch ein gewisser Grad von Warme scheint der Entwickelung und In= 
bensen der meisten Contagien förderlicher zu seyn, als die Kälte. 
So gewiß es endlich jedenfalls ist, daß mit der Zersetzung eines Contagiums in seine Be- 
standtheile (wag dlese nun nach allmahliger Abnahme seiner Intensität und unter Miewirkung der At- 
mosphäre gleichsam von selbst oder durch künstliche Desinfektionsmittel bewirkt seyn) von einer Wirk- 
samkeit desselben nicht mehr die Rede seyn kann, so problematisch ist doch die Behauptung, dast auch mit 
dem Tode und ber beginnenden Verwesung eines Individuums, welcher an einer ansteckenden Krankhei#t 
litt, auch jedesmal eine Zersetzung des an ihm haftenden Contagiums erfolgen müsse. Es kann viel- 
mehr letzteres an dem beichname und einzelnen Theilen defselben eben so wohl, wie an andern leblosen Trä- 
gern, allerdings eine Zeit lang haften, ja die Erfahrung hat die Verbreitung einzelner Contagien, wie 
1. B. des Blaktern-, des Cholera-, des Milzbrandgists auf diesem Wege fast bis zur Evidenz dargethan. 
. 6. Damsc nun eine Inlection, das ist die Ansteckung eines Individuumé, durch irgenb 
ein Conkegium erfolge, sind zwei Bedingungen unerláßlich, ndmlich: 
1. eine Empfänglichkeit (Rezeptivität, Disposition) für das Conlatzzum: 
2. eine Gemeinschaft mit demsekben. 
Nur wo beide Umstände zusammentreffen, enksteht die Krankheit, und es vermag der Anstek- 
kungsstoff ohne die Disposition eben so wenig seine Wirkung auf den Körper zu dußern, alc umge- 
kehrt bei vorhandener Disposition aber fehlender Einwirkung des Ansteckungastoffes, die wahrhaft an- 
steckende Krankheit sich erzeugen kann. Hinsichtlich der näheren Verhältnisse beider Momente aber 
bieten die einzelnen ansteckenden Krankheiten, ja die einzelnen Individuen selbst, große Verschte- 
benhelten dar. 
§. 7. MWas zuvörderst die erstgenannte Bedigung, die Empfänglichkeit oder Austek- 
kungofáhigkeit betrifft, so ist, wie gesagt, bei jzedwedem (ontagjum. wenn es wirken soll, eine 
solche Disposition des Körpers zur Aufnahme desselben erforderlich, gleichwie ein Saamenkorn einer 
gewissen Beschaffenheir des Erdreichs bedarf, wenn es ausgehen und zur Pflanze werden soll, und niche 
aufgehr, wo es diese Beschaffenheit des Bodens nicht findet. Eine unbedingt, absolut ansteckende 
Kraft, die sich bei jedem der Ansteckung exponirten Individuum wirksam zu außern im Stande wäre, 
besitzt keine einzige kontagiöse Krankheit. Ein Masern-, ein Scharlachkranker kann manchen infzziren, 
während viele andere unter übrigens gleichen Verhältnissen unangestecke bleiben. Bei Verschleppung 
des gelben Fieders nach Europäischen Küstenländern legten sich Aerzte und Mitglieder ihrer Familien 
in die Betten von Schwerkranken, ohne infzirt zu werden. Selbst von der bustseuche sind Einzelne 
bei allen Anlässen, angesteckt zu werden, dennoch verschont geblieben. Ja sogar die gefürchtete Pest 
macht keine Ausnahme hiervon, und während gar oft ein Individuum bloß durch die Berührung eincs, 
aus einem verpesteten Orte kommenden (selbst gesunten) anderen Individuums oder eines eben daher 
stammenden Ballens Baumwolle sofort von der Pest ergriffen wurde, hat man Säuglinge an den 
Brüsten pestkranker Mütter, Wärter, welche Pestkranke in den bazarethen Monate lang handhabten, ja 
Menschen, die sich den Eiter der Pestbeulen versuchshalber cinimpften, gesund bleiben sehen. 
Doch ist allerdings für gewisse Contakien die Empfänglichkeit allgemeiner als für andere vor- 
handen; so findee z. B. das venerische, das Pocken-, das Typhus= und von den thlerischen Giften 
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