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2. zur Zeit einer am Orte ober in dessen Nähe herrschenden Pocken= Epidemie.“
Sind aber irgendwo die Menschenpocken ausgebrochen) so finden naͤchstbem alle, die Ver-
meldung der Gemeinschaft mit dem Contogium und bessen Tilgung betreffende allgemeine
Schutzmaaßregeln, namentlich die §. 20. und 22. erwähnten, ihre Anwendung. Besonders find von
den dabei Betheiligten alle, bie Verhütung einer weiteren Verbreitung der Krankheit bezwechenden
sanitäts= polizeilichen Vorschriften, betreffend die Anzeige des Erkrankungsfalles, die Absonderung des
Kranken, die Desinfektion u. s. w. genau zu befolgen, und von anderen Personen, vorzugsweise aber
von solchen, in deren Hause noch für die Blattern empfängliche Individuen vorhanden sind, oder
bie selbst zur Zahl derselben gehöèren, jeder unndthige Verkehr mit Häusern, worin sich Blakternkranke
irgend einer Art (§. 42.) befinden, zu meiden.
6. 47. Jeder an den Menschenpocken Erkrankende ist eines ärztlichen Beistandes, es
mäge ihm derselbe nun, je nach den Verhältnissen, in seiner Wohnung, oder in einem sogenannten
Pockenhause gewährt werden, dringend bedürftig, da die Mittel, welche sein Zustand forderk, je nach
der Natur des begleicenden Fiebers sehr verschieden seyn und demnach nur von einem Sachverständigen
gehörig bestimmt werden können. Im Allgemeinen finden folgende, besonders diätetische Verhal-
tungosregeln ihre Anwendung:
1. Jeder Pockenkranke hüte, auch bei der gelindesten Form der Krankheit, das Beit; bas
Zimmer sey, namentlich in den drei ersten Zeiträumen der Krankheie nur sehr mäßig (niche viel über
13° KR.) erwärmt und auch die Bedeckung des Körpers nichts weniger als erhitzend. Namentlich
werde die hier und da von Alters her bestehende Sitce, den Ausbruch der Pocken durch dußere
Wärme, so wie durch warme erhitzende Getränke gewaltsam befördern zu wollen, — eben so sorg-
faltig aber auch jede Zugluft, kalte Luft und besonders seder plötzliche Temperaturwechsel vermieden
Das Gesicht des Kranken bleibe vom Sonnenlicht abgewendet.
2. Das Krankenzimmer sey möglichst geräumig, damit die buft darin sich länger rein erhalte.
Hiefür ist in noch höherem Grade, namentlich durch vorsichtiges Lüften, Offenlassen des Kamins 2c. 2c.
zu sorgen, wenn sich mehrere, zumal #it vielen Blaktern behaftete Pockenkranke in Einem Zimmer
befinden sollten.
3. Die Kofst sey milb, reizlos, wenig nährend, sie bestehe z. B. in den ersten 8 Tagen nur
aus Wasser-, Semmel= oder dünnen schleimigen Suppen, denen später etwas leichtes, mit Was-
ser gekochtes Gemüse, wie Mohrrüben, Spinat, Sauerrampfer 2c. 2c., desgleichen gekochtes Obrk,
gebratene Aepfel, zur Erfrischung, namentlich für Kinder auch, nach Beschaffenheit der Jahreszeit,
einige reise Erdbeeren, Kirschen, Weintrauben 2c. 2c.) noch später (zur Zeit der Abtrocknung) Bier-
suppe, dünne Kalbfleischbrühe und dergl. hinzugefügt werden können; — das Getränk: aus lauem,
dünnem Hafer-, Gersten= oder Graupenschleim, lauem Zuckerwasser, oder lauem Wasser mit Milch,
einer dünnen Abkochung von getrockneten Kirschen oder Pflaumen (namentlich bei beibesverstopfung) 2c.
Der öftere Genuß von schwachem Fliederthee ist besonders gegen die Zeit der Abtrocknung, — bei
bösartigen Pocken mit nervösem Fieber aber, zumal zur Sommerzeit, ein säuerliches Getränk, z. B.
reinen Brunnenwasser mit etwas Essig ober Jitronensast oder auch wohlausgegohrnes Weißbier, am
passenosten.
4. Bei mehrtägiger Verstopfung, welche einer passenden Auswahl der Speisen und Getränke
nicht weicht, können Klysticre, etwa von Haferschleim und etwas Hausseise oder schwachem Kamil-
lenthee mit Leinöl gegeben werden.
5. Die namentlich im drikten Zeitraume der Krankheit oft eintretenden lästigen Beschwerden
beim Schlingen werden durch fleißiges Ausspühlen des Schlundes mit Flieder= oder Salbeythee,
dem etwas Honig zugemischt worden, gelindert.
Sind die Augen zugeschworen, so nützen täglich mehrmals anzustellende Bähungen der
Augenlieder mit lauem Fliederwasser und Milch.
7. In dem 4ten Zeitraume der Krankheit werde besonders darauf geachtet, baß jebes Kratzen
umd Scheuern der Pocken, wozu das Jucken den Kranken sehr einladet, wodurch aber eine ungünstige
Geschwür= und Narbenbildung befördert wird, unterbleibe.
5. Die Masern.
6é 48. Die Masern gehören, wie die Blattern, zu den fieberhaften Ausschlagskrankheiten und
geben sich durch folgende Erscheinungen zu erkennen: Auch sie pflegen vier Zeiträume zu
durchlaufen. » . ·
In dem ersten, welcher einige Tage anhält, zeigen sich Zufälle eines katarrhalischen 55 7/6
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