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und geschwollen, das Weiße im Auye stark entzünbet, bisweilen selbst aufgewulstet, Schmerzen und
Lchescheu sind heftiger und aus den Augen fließe eine trübe Thränenfeuchtigkeit mit Schleim gemische,
oft selbst ein dunner Schleim. Beim Umwenden des unteren Augenliedes nach außen zeigt sich jene
Auflockerung schon stark entwickelt. ç
Im dritten Grade endlich erreichen alle Erscheinungen ihre größte Höhe und es stellt sich
eine dem Eiter ähnliche Absonderung aus dem Auge ein, das ganze obere Augenlied schwillt stark an,
röthet sich und hängt oft weit über das untere herab, so daß der Kranke unvermögend ist, das Auge
zu öffnen; nicht bloß die innere Fläche der Augenlieder, sondern auch das Weiße im Auge ist jetzt ge-
röthet und aufgelockert. ç
Die Beschaffenheit der Flüssigkeit, welche aus den Augen abgesondert wi#rd, ist nach den ver-
schiedenen Graden der Krankheit gleichfalls verschieden. Je mehr letztere an Heftigkeit zunimmt, um
so mehr wird sene nicht bloß dicker, zäher und dem Eiter ahnlicher, sondern auch zügleich ätzender, so
daß sie auf der größten Höhe der Krankheit sehr zerstêrend, gleichsam wie Aetzkalk wirkt. Diese Flüs-
sigkeit ist es besonders, welche die großen Jerstörungen im Auge hervorbringt und die Sehkraft dessel-
ben vernichtet, wenn sie längere Zeit darin zurückbleibt.
Der Verlauf bieser nur in ihrem gelindesten Grade gefahrlosen Krankheic ist nun, je nach den
Umständen, bald rasch, bald langsam. Im ersteren Falle pflegt sie gleich beim Beginnen sehr schmerz=
haft, im letzteren dagegen, namentlich Anfangs, nur von geringem Schmerze begleitet zu seyn. Bei
vielen Inkividuen bleibt sie in dem ersten Grade ihrer Entwickelung lange stehen, und erreicht nament-
lich den dritten entweder niemals oder nur dann erst, nachdem neue Schädlichkeiten auf den Kranken
einwirkten. — Gelingt es übrigens nicht, die Krankheit gleich bei ihrem Beginnen zu heilen, sie gleich-
sam in ihrem Keime zu ersticken, so läßt sie meistentheils jene, dem Ansehen nach dem Fischrogen nicht
undhnliche Auflockerung der inneren Fläche der Augenlieder zurück, deren Beseitigung sehr schwer wird,
und welche oft Jahre lang dauert. So lange aber diese Auflockerung noch besteht, befindet sich das
Auge, wenn auch alle Röthe in demselben, namentlich im sogenaunten Weißen und in den Angenlied-
Nändern geschwunden ist, noch in einem krankhaften Zustande und ist bei einwirkenden Schaädlichkeiten
zu Rückfällen geneigt.
6. 59. Diese Augenkrankheib die nämliche, welche in Aegypten, ie im sädlichen Italien und
Spauien endemisch ist, welche die Französische und Englische Armee in Bonaparte's Feldzuge in
Aegypten beßiel, seitdem sich namentlich unter den Englischen Truppen häußig gezeigt, in den vor-
erwähnten Kricgesjahren und der nächstfolgenden Zeit außer der Preußischen Armec auch in mehreren
anderen, seit 1822. in einem Theile der Oesterreichischen epidemisch geherrscht und seit einigen Jah-
ren in der Belaischen Armec solche Verheerungen angerichtet hat, daß an 4000 Individuen auf beiden
und etwa 10,000 auf cinem Auge davon erblindeten, — diese Krankheit ist kontagiöser Natur-
Ueber die näheren Verhältnisse des Contagiums hat 'die Ersahrung Folgendes dargethan:
1. Es haftet besonders an der von den kranken Augen abgesonderten Flüssigkeit, und pflanze
sich durch deren Uebertragung, wie solche namentlich bei der gemeinschaftlichen Benutzung von Reini-
gungsmitteln, des Waschwassers, der Waschnäpfe und Schwämme, Beit= und anderer Wsche, beson-
ders Hand= und Schnupftücher, leicht erfolgen kann, von Individuum auf Individuum fort.
2. Je heftiger die Entzündungserscheinungen sind, und je rascher der Verlauf der Krankheit
ist (6. 58.), desto leichter findet jene Ansteckung start.
3. Die abgesonderte Flüssigkeit ist um so hädlicher, je mehr sie dem Eiter an Konsiftenz
und Farbe gleicht. Je mehr sie aber die Beschaffenheit eines milden, dem Eiweiße ähnlichen Schlei-
mes annimmt und je mehr sie mit Thränenfeuchtigkeit gemischt und dadurch verdünnt ist, desto mehr
verliert sie ihre kontagiöse Natur, und wirkt dann nur noch auf besonders diöponirte Augen nach-
tbeilig ein.
4. Befinden sich mehrere Individnen, die an Augenschleimftüssen leiden, in einem verhältniß-
mäßig engen Raume vereinige, mangelt en dabei an einer gehörigen Erneucrung der kuft und an der
nöthigen Reinlichkeit überhaupt, so wird dadurch die Intensstät des Conlagiums gesteigert (vergl. J. 5.),
dasselbe theilt sich dem Dunstkreise der Kranken mit, und empfängliche gesunde Personcn, welche in
eine solche Atmosphäre treten, werden leicht von der Krankheit ergriffen.
5. Da die ad 1. und 4. erwähnten Verhältnisse bei Personen niederer Stände weit häufiger
als dei denen der höheren vorkommen, und auch die sonstigen, die Empfänglichkeit für die kontagidse
Augenentzündung begünstigenden und sie veranlassenden Einflüsse dem gemeinen Mann und mehrere
da-