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z uͤberfluͤssigen Maaßregel entgegen, und vergesse uͤberhaupt nie, daß bieses Verfahren auf seine Le-
enserhaltung abzweckt.
Sind nun unter bieser Behandlung drei Monate ohne alle Besorgniß erregende Zufälle ver-
flossen, so kann der Verletzte als sicher gerettet betrachtet werden; ist jedoch irgend etwas von den an-
gegebenen Vorsichtsmaaßregeln versaͤumt, oder sind diese uicht zeitig, nicht lange genug obder nicht ge-
nau nach der Vorschrift angewandt worden, so ist der Gebissene nicht als sicher geschuͤtzt anzusehen
und nach kürzerer ober längerer Zeit (s. J. 89. ad 5.) kann die toͤdtliche Krankheit der Wasferscheu
bei ihm ausbrechen. — Besonders aber ist dieses Unglück zu besorgen, wenn aus Unwissenheit, Leicht-
fsinn, bösen Willen des Verletzten oder einem sonstigen Grunde, sene schützende Behandlung ganz un-
terblieb und die Wunde ohne Weikeres (vielleicht von selbst) verheilte.
Auch dann ist noch in jedem Augenblicke die Einleitung des nämlichen obengebachten Verfah-
renk das einzige Mittel, wodurch möglicherweise der Wasserscheu noch vorgebeugt werden kann, und
jee zeitiger sich das Individuum dem unterwirft, desto eher ist ein günstiger Erfolg noch zu hoffen. —
angelung eines Arzees lege man in einem solchen Falle zuvörderst frisch geriebenen Meerrettig
oder scharse, frisch gequetschte Zwiebeln auf die Narbe. Noch besser aber ist es, mie Behutsamkeit
vermittelst einer scharfen Messerspitze die Narbe mehrere Male und in verschiebener Richtung außzu-
ritzen, und, wenn sie danach zu bluten anfängt, die Blutung durch Baden des DTheils in lauwarmem
Wasser zu befördern. Wenn die Wunde ausgeblutek hat, so verbinde man sie mit Spanischfliegenpul-
ver oder mit schwarzer Seife, gepulvertem ungelöschtem Kalk ober it Küchensalz 2c. und behandle
den Menschen überhaupt ganz nach der oben gegebenen Vorschrift.
6. 96. Treten endlich bel einem Individuum, welches vor kürzerer oder längerer Jeit von
einem kollen oder der Tollwuth verdächtigen Thiere gebissen und bei welchem das Schutzverfahren
eytweder ganz unterlassen oder zu späkt oder nicht gehörig vollzogen worden ist, plötzlich und ohne
eranlassung oder nach einem Aerger, Jorn, Schreck, nach einer Erhitzung 2c. Zufälle von der Art
ein, wie sie §. 93. als erste Spmptome (Vorboten) der Wasserscheu beschrieben worden sind: so
ist gar keine Zeit zu verlieren, vielmehr muß zur vielleicht noch möglichen Rettung des Unglücklichen
gerade so schnell und in derselben Art Hülfe geschafft werden, als wenn die Verletzung eben erst ge-
schehen wäre. Man rufe daher sogleich einen Arzt oder Wundarzk herbei, berichee ihm das Vorge-
fallene und befolge seine Anordnungen genau. Bis zur Ankunft des Arztes aber verfahre man nnt
der Bißnarbe ganz auf die, am Schlusse des §. 95. hinsichtlich der, ohne schütende Behandlung ver-
heilten Wunden angegebene Weise, und bcobachte übrigens auch setzt ein ruhiges, tröstendes Bench-
men gegen den Kranken.
Ist bei diesem die Wasserscheu unverkennbar ausgebrochen (wovon der Polizeibehörde unge-
säumt Anzeige zu machen ist), so versehe man ihn mit verständigen, herzhaften Wärtern, die alle aͤrzt-
lichen Vorschriffen genau befolgen, und den Kranken dabei so sanft als möglich behandeln, ihn durch
ein vernünftiges, liebreiches Betragen beruhigen oder, wenn er sein Bewußtseyn verloren hat, ihn auf
eine milde Weise an der Beschädlgung seiner selbst und Anderer verhindern. Nur selten wird zu die-
sem Behuf eine wirkliche Befestigung des Kranken, die dann auch nur vorsichtig mittelst leinener Tü-
cher gescheben darf, erforderlich sepn. Jeder Jutritt von fremden, unberufenen Personen zu einem
solchen Unglücklichen ist abzuhalten; noch weniger aber darf man denselben (wie es von unwissenden,
angstlichen und grausamen Menschen wohl schon zuweilen geschehen ist) allein und hülflos lassen oder
gar einsperren. Auch die Wärter haben keine Gefahr für sich zu befürchten; selbst wenn der Kranke
sie anspelt oder sie sonst mit dem Geifer desselben in Berührung kommen, so haben sie die betroffenc
Stelle nur gleich wicder durch Abwaschen sorgsältig zu reinigen, und wenn sie außerdem den gemeiu-
schaftlichen Gebrauch von Effekten, die von dem Speichel des Kranken besudelt warden, wie z. B.
böffeln, Taschentüchern und dergleichen vermeiden, so können sie ihre Pflicht, einem unglicklichen Ne-
beumenschen beizustehen und sein schreckliches Leiden nach Möglichkeit bis zum Tode zu lindern, ohne
alle Besorgniß erfüllen.
Nachbem der Kranke an der Masserscheu gestorben ist, müssen alle, während der Krankheie
mit ihm und insbesondere seinem Speichel irgend in Berührung gekommene Effekten vorschriftsmäßig
gereinigt und resp. vernichtet werden, und auch die bei ihm beschäftigt gewesenen Personen werben
wohl thun, sich selbst und ihre Kleidungsstücke einer serzfeleigen Reinigung zu unterwersen. d
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