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Findet der Ehrenrath die Verhandlungen unvolständig, so muß er, be-
vor von ihm die Akten zur Fällung des ehrengerichtlichen Urtheils vorgelegt
werden, die Vervollständigung der Verhandlungen veranlassen.
5. 31.
Zum Zwecke der Vertheidigung ist dem Angeschuldigten die eigene Ein-
sicht der Akten in Anwesenheit eines Mitgliedes des Ehrenraths gestattet. Der-
selbe kann nach dem Schlusse der Verhandlungen seine Vertheidigung dem Eh-
renrathe zu Protokoll geben, oder sich durch einen Offzier, dem zu diesem Behufe
die Einsicht der Akten in Gegenwart eines Mitgliedes des Ehrenraths zu gestat-
ten ist, schriftlich vertheidigen lassen, oder seine eigene Vertheidigungsschrist dem
Ehrenrathe einreichen. #
Der WVertheidiger darf jedoch niemals einen niederen Rang als der An-
geschuldigte bekleiden.
Wenn der Angeschuldigee sich selbst schriftlich verkheidigen, oder durch
einen Offtzier vertheidigen lassen will, so ist zur Einreichung der Vertheidigungs-
Schrift eine Praklustofrist von 14 Tagen u bewilligen, die nur in Krankheiks-
oder anderen außerordentlichen Fallen verlängert werden darf.
S. 32.
Sodann muß bei den Truppen des stehenden Heeres sofort zur Fdllung vur aung,
des Urtheils geschritten werden. Bei der Landwehr wird dies bis zur nächsten Fuelketion.
jährlichen großen Uebung ausgesetzt; gestattet jedoch der Fall diesen Aufschub àue 4hrrn
nicht, und ist auch die Versammlung des Osfftzer-Korps außer der Uebung Er-
nicht ausführbar, so hat der kommandirende General das Nöthige anzuordnen, "“
dessen Bestimmung hierüber im Dienstwege einzuholen ist.
5. 33.
Dem als Ehrengericht berusenen Offzier-Korps sind von dem Ehrenrathe,
in der dazu bestimmten Versammlung, zu welcher der Angeschuldigte jedoch nur
auf seinen besonderen Antrag zuzuziehen ist, die Terhandlungen vorzulegen und
vollständig vorzulesen.
5 34.
dunsgesshlosse bleiben von dem Ehrengerichte: der Ankläger, der erthei-
diger, die nahen Verwandten und die Schwäger des Angeschuldigten, so wie
diejenigen Offiziere, welche als Zeugen in der Sache abgehört sind, endlich wer
sich selbst in einer ehrengerichtlichen oder gerichtlichen Unkersuchung befindet.
Zu den nahen Verwandten werden nur gezählt: der Vater, die Söhne,
Brüder, Onkel, Neffen und die rechten Geschwister-Kinder.
Wer biernach von dem Ehrengerichte nicht ausgeschlossen ist, oder nicht
in Folge von Urlaub, Krankheit oder durch Kommando abgehalten wird, dem-
selben beizuwohnen, darf sich der Theilnahme an dem Ehrengerichte nicht entziehen.
S. 35.
Die Mitglieder des Ehrengerichts werden nicht vereidigt; sie sind aber
vor der Abstimmung von dem Kommandeur, unter dessen Leitung das Ehren-
Gericht steht, jedesmal aufzufordern, als Ehrenmänner ohne Leidenschaft, nach
Pflicht und Gewissen und mit Erwägung der einwirkenden besonderen Verhdlt=
nisse ihr otum abzugeben. Ueber die Verhandlung ist ein Protokoll, aus 5
Mr. 2484.) em