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werden; die Gegenstaͤnde der Berathung sind aber auch dann, wenn dieselben
nicht dringend sind, wenigstens drei Tage vor der Sitzung den Mitgliedern be-
kannt machen. Jedes Mitglied des Gemeinderathes hat das Recht, Antraͤge
und Vorschläge über die Angelegenheiten der Gemeinde zur Berathung zu
bringen. Dieselben müssen jedoch, wenn sie nicht vorher dem Bürgermeister
und durch diesen drei Tage vor der Sitzung den übrigen Mitgliedern mitgetheilt
sind, auf den Antrag des Bürgermeisters oder auch nur Eines Mitgliedes bis
zur nächsien Sitzung ausgesetzt werden.
S. 63.
Der Bürgermeisier führt im Gemeinderath den Vorsitz und hat bei Stim-
mengleichheit die entscheidende Stimme, sonst aber, wenn er nicht zugleich Ge-
meindevorsteher ist, kein Stimmrecht. Er kann jedoch in geeigneten Filler dem
Vorsteher den Vorsitz übertragen. Wenn über den Haushalts-Etat, über die
Abnahme der Gemeinderechnung und über Angelegenheiten, bei welchen mehrere
Gemeinden des Bürgermeisterei-Bezirks gemeinschaftlich berheiligt sind (P. 600.),
berathen wird, muß er siets selbsi den Vorsitz führen. Der Vorsteher hat im-
mer volles Stimmrecht, und wenn er den Vorsitz führt, bei Stimmengleichheit
die entscheidende Stimme.
Der Gemeinderath kann einen Protokollführer aus seiner Mitte wählen.
S. 64.
Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt; zur Gülti keit
eines Beschlusses ist die Gegenwart von wenigstens zwei Orittheilen der N-
glieder erforderlich.
Wenn der Gemeinderath, nachdem er zur Berathung ein und desselben
Gegenssandes zwei Mal vorschriftsmäßig zusammenberufen ist, beide Male nicht
in beschlußfahiger Jahl erscheint, so erganzt der Landrath seinen Beschluß.
Wer nicht mitstimmt oder die Unterschrift des Protokolls verweigert, ist als
nicht erschienen zu betrachten. Es kann aber jedes Mitglied des Gemeinde-
Raths verlangen, daß seine abweichende Ansicht in das Protokoll aufgenom-
men werde.
S. 65.
Wer bei einer Angelegenheit ein von dem Interesse der Gemeinde ver-
schiedenes Interesse hat, darf an der Berathung keinen Theil nehmen. Kann
wegen personlicher Betheiligung der Mitglieder und der an deren Stelle einzu-
berufenden Stellvertreter eine leschensfülige Versammlung nicht gehalten wer-
den, so hat die Regierung vermöge des ihr zustehenden Oberaufsichtsrechts für
die Wahrung der Rechte der Gemeinde Sorge zu tragen und die dazu erfor-
derlichen Einleitungen zu treffen, nöthigenfalls auch einen Rechtsanwalt zu be-
stellen. Diese Bestinmung findet insonderheit alsdann Anwendung, wenn Streit
darüber entsieht, ob ein Gegenstand Eigenthum der Gemeinde oder der einzelnen
Gemeindeglieder ist.
Jahrgang 1845. (Nr. 2011.) 76 g. 66.