Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1848. (39)

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An des Koͤnigs Majestaͤt. 
Ew. Koͤnigliche Majestaͤt haben durch die Botschaft vom 8ten v. M., 
aus den darin angeführten Gründen, den Sitz der zur Vereinbarung der Ver- 
fassung berufenen Versammlung von Berlin nach Brandenburg verlegt und die 
Versammlung aufgefordert, zur Fortsetzung ihrer sofort abzubrechenden Bera- 
thungen am 27 sten v. M. in Brandenburg wieder zusammenzutreten. Durch 
diese Anordnung, welche lediglich den Zweck hatte, die Freihe#t der Berathun- 
gen der Volksvertreter vor den anarchischen Bewegungen in der Hauptstadt 
und ihren terroristischen Einflüssen sicher zu stellen, glaubten Ew. Kbönigliche 
Majestät nicht nur ein unzweifelhaftes Recht der Krone, sondern auch eine, 
durch die Rücksicht auf das Wohl des Landes dringend gebotene Pflicht aus- 
zuüben. Leider! ist Ew. Königlichen Majestät wohlmeinende Absicht dabei von 
einem großen Theile der Versammlung verkannt worden. Uneingedenk ihrer 
wahren Aufgabe und ihrer Pflichten gegen die Krone und das Land, hat die 
Mehrzahl der Abgeordneten ihre Berathungen, der von Ew. Königlichen Ma- 
jestät angeordneten Vertagung derselben ungeachtet, eigenmächtig in Berlin 
fortgesetzz und sich angemaßt, als eine souveraine Gewalt über Rechte der 
Krone zu enrscheiden. Sie hat ferner die von Ew. Königlichen Majestat auf 
Grund einer klaren gesetzlichen Bestimmung ausgesprochene Auf lösung der Ber- 
liner Bürgerwehr für eine ungesetzliche Maßregel erklärt und dadurch die ge- 
dachte Bürgerwehr zum Widerstande gegen die Ausführung jener Anordnung 
aufgereizt. Sie hat endlich sich nicht gescheut, durch die an das Volk gerich- 
tete Aaforderg zur Verweigerung der gesetzlichen Steuern die Brandfackel 
der Anarchie in das Land zu schleudern und den ganzen Staatsverband dem 
Umsturz Preis zu geben. Durch diese eben so rechkswidrigen wie verderblichen 
Beschlüsse hatte die in Berlin forttagende Mehrzahl der Mitglieder der Ver- 
sammlung offen mit der Krone gebrochen und Ew. Königl. Majesiät gegen- 
über einen Standpunkt eingenommen, bei dessen Festhaltung die Möglichkeit 
einer befriedigenden Vereinbarung des Verfassungswerkes nicht abzusehen war. 
Hiernach waren Ew. Koönigl. Majesiät schon damals, unmittelbar nach dem 
Steuerverweigerungs-Beschluß, unzweifelhaft berechtigt gewesen, die Versamm- 
lung aufzulösen. Gleichwohl gaben Ew. Königl. Majestät die Hoffnung noch 
nicht auf, daß die seitdem laut gewordene Stimme des Landes und die durch 
eine leidenschaftliche Auffassung vorübergehend zurückgedrängte Vaterlandsliebe 
viele jener Abgeordneten von dem betrekenen Abwege zurückführen, daß unter 
deren Hinzutrikt die Bersammlung nach Ablauf der Verkagungefrist in beschluß- 
fähiger Zahl sich neu konstitufren, daß sie dann die Ungesetzlichkeit und Ungül- 
tigkeit der während der Vertagungsfrist von einem Theile ihrer Mitglieder ge- 
faßten Beschlüsse in einer unzweideutigen Weise anerkennen, und daß es so der 
Krone werde möglich gemacht werden, die abgebrochenen Vereinbarungs-Ver- 
handlungen wieder aufzunehmen und bald zu einem gedeihlichen Ziele zu füh- 
ren. Wäre dies gelungen, so würde es auch möglich geworden sein, noch 
einige zur Verbesserung der Lage der bauerlichen Besitzer und zur Erfüllung 
anderer dringenden Wünsche des Landes schon vorbereitete Gesetze, im Ver- 
ein mit der Versammlung, bald zu Stande zu bringen. Er
	        
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