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Dritter Abschnitt.
Von den Verhören im Allgemeinen und von Aufnahme
der Protokolle.
K. 140.
Eine jede Person, welche gerichtlich verhört wird, ist zunächst über ihre 1. Verfahr ns
Vor= und Zunamen, ihren Wehren. oder Aufenthaltsort, Stand, Gewerbe odere
Beschäftigung, über ihr Alter und ihre Religion zu befragen.
Zeugen und Sachverständige sind zugleich darüber zu vernehmen, ob und
wie nahe der Beschuldigte mit ihnen verwandt oder verschwägert, und ob ihnen
in Bezug auf ihre Aussage etwas gegeben, versprochen oder angeboten, oder der
Versuch gemacht worden sei, sie über das, was sie aussagen nollen, zu unter-
richten. Geeigneten Falls werden ihnen auch über ihre Beziehungen zu dem
durch die strafbare Handlung Verletzten, über ihr Interesse zur Sach- und über
ander persönliche, auf ihre Glaubwürdigkeit einwirkende Umstände Fragen vor-
gelegt.
K. 141.
Demnächst ist der Aussagende aufzufordern, sich mündlich über den Gegen-
stand seiner Vernehmung zu äußern, insbesondere, wenn es sich um Thatsachen
handelt, deren Verlauf im Zusammenhange zu erzählen. Sind Dunkelheiten oder
Widersprüche in seiner Darstellung, so E er zur Hebung derselben zu veranlassen.
Aus der Aussage muß sich überall der Grund ergeben, auf welchem das Wissen
des Aussagenden beruht.
Fragen, durch welche dem Befragten Thatsachen vorgehalten werden, die
durch seine Aussage erst festgestellt werden sollen, sind möglichst zu vermeiden.
Sollen dem Aussahenden. zum Behufe der Anerkennung Personen vor-
gestelt oder Sachen vorgelegt werden, so ist er zuvor zur Angabe und Beschrei-
ung aller unterscheidenden Kennzeichen derselben zu veranlassen.
K. 142.
Ein jeder Zeuge und Beschuldigte wird einzeln, in der Voruntersuchung
ohne Beisein der sonst zu verhörenden Personen vernommen.
Eine Gegenüberstellung zwischen mehreren Personen findet statt, so oft dies
zum Zwecke der Anerkennung nothwendig oder zur Hebung von Widersprüchen
sachdienlich erscheint.
. 143.
In der Voruntersuchung werden Personen, welche wegen Krankheit, Ge-
brechlichkeit oder Mersschach vor Gericht nicht erscheinen können, in ihren
Wohnungen vernommen. Auch in anderen Fällen kann der Richter aus beson-
deren Gründen das Verhör außerhalb der Gerichtsstelle abhalten.
(Nr. 6704.) S. 144.