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Schlußprotokoll.
Bei der Unterzeichnung des Vertrages über die Begründung einer Gerichts-
gemeinschaft zwischen dem Fürstenthum Lippe und den angrenzenden Königlich
Preußischen Gebietstheilen sind die unterzeichneten Bevollmächtigten noch über
nachstehende vertragsmäßige Zusagen und Erklärungen übereingekommen.
I. Zu Artikel 3.
Preußen erklärt sich damit einverstanden, daß dem Oberlandesgerichte durch
die Lippische Landesgesetzgebung die Entscheidung zweiter Instanz in dem auf
Entfernung eines Beamten aus dem Amte gerichteten, in erster Instanz vor dem
Landgerichte verhandelten Verfahren (§. 58 des Gesetzes über den Enwilsiaatsdienst
vom 11. Mai 1859) übertragen werde. Die Entscheidung erfolgt durch den
ersten Civilsenat des Oberlandesgerichts.
Als Gegenstände, auf welche sich die Ausdehnung der Zuständigkeit ferner
erstrecken kann) werden insbesondere bezeichnet:
1) die Entscheidung oberer Instanz in Sachen, für welche besondere Ge-
richte zugelassen sind;
2) die Entscheidung auf Rechtsmittel in Sachen der nicht streitigen Ge-
richtsbarkeit;
3) die Entscheidung in Disziplinarsachen Feen richterliche Beamte. Sollte
ein Preußischer Gerichtshof zur Entschei ung über Rechtsmittel gegen
die Entscheidungen der Oberlandesgerichte in diesen Sachen bestellt
werden, so wird Preußen darein willigen, daß dem Gerichtshofe auch
Lippischer Seits für das Gebiet des Fürstenthums Lippe die Entscheidung
letzter Instanz übertragen werde.
Uebrigens herrscht Einverständniß darüber, daß unter der Landesgesetzgebung
im Sinne dieses Vertrages auch landesherrliche Verordnungen einbegriffen seien.
II. Zu Artikel 4.
Durch die Bestimmungen dieses Artikels ist der unmittelbare Verkehr der
Fürstlich Lippischen Staatsregierung mit dem Oberlandesgerichte nicht ausgeschlossen;
die Formen dieses Verkehrs werden auf Wunsch von Lippe reglementarisch ge-
regelt werden.
Gelangt im Aufsichtswege eine aus dem Fürstenthum Lippe erwachsene
Sache durch eine gegen das Oberlandesgericht gerichtete Beschwerde zur Entschei-
dung des Königlich Preußischen Justizministers, so wird vor Abgabe der Ent-
scheidung dem Fürstlich Lippischen Kabinetsministerium Gelegenheit zur Aeußerung
gegeben werden.
Das Königlich Preußische Justizministerium wird die von dem Oberlandes-
gericht und dem Oberstaatsanwalt erstatteten Geschäftsberichte, soweit sich dieselben
(Xr. 8629.)