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Gesetz-Sammlung
für die
Königlichen Preußischen Staaten.
— Nr. 27. —
(Nr. 9397.) Gesetz, betreffend die Gründung neuer Ansiedelungen in der Provinz Hessen-Nassau.
Vom 11. Juni 1890.
Wir Wilhelm) von Gottes Gnaden König von Preußen v
verordnen unter Zustimmung der beiden Häuser des Landtages Unserer Monarchie
für die Provinz Hessen-Nassau, was folgt:
S. 1.
Wer außerhalb einer im Zusammenhange gebauten Ortschaft ein Wohn-
haus errichten oder ein schon vorhandenes Gebäude zum Wohnhause einrichten
will, bedarf einer von dem Landrath in Stadtkreisen von der Ortspolizei-
behörde — zu ertheilenden Ansied g. Vor deren Aushändigung
darf die polizeiliche Bauerlaubniß nicht ertheilt werden.
Die Ansiedelungsgenehmigung ist nicht erforderlich für Wohnhäuser, welche
in den Grenzen eines nach dem Gesetze vom 2. Juli 1875 festgestellten Be-
bauungsplans, oder welche auf einem bereits bebauten Grundstücke im Zusammen-
hange mit bewohnten Gebäuden errichtet oder eingerichtet werden sollen.
Zu den Wohnhäusern im Sinne dieses Paragraphen gehören auch die aus
Holz, Torf, Stroh, Soden oder anderen geringen Baumaterialien angefertigten
Unterkunftsstätten, sofern dieselben nicht nur vorübergehend, z. B. für die Dauer
einer bestimmten Arbeit zum Aufenthalte, sondern dauernd zu einer Wohnung für
Menschen dienen sollen.
. 2.
Die Ansiedelungsgenehmigung ist zu versagen, wenn nicht nachgewiesen ist,
daß der Platz, auf welchem die Ansiedelung gegründet werden soll, durch einen
fahrbaren, jederzeit offenen Weg zugänglich) oder daß die Beschaffung eines solchen
Weges gesichert ist. Wenn nur der letztere Nachweis erbracht werden kann, so
ist bei Ertheilung der Ansiedelungsgenehmigung für die Beschaffung des Weges
eine Frist zu bestimmen, nach deren fruchtlosem Ablaufe das polizeiliche Zwangs-
verfahren gegen den Ansiedler eintritt. Auch zur Erhaltung der ununterbrochenen
Ees. Samml. 1890. (Nr. 9397.) 40
Ausgegeben zu Berlin den 23. Juni 1890.