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Was die vom Landtage berathenen, aber nicht zu Stande gekommenen Gesehe
und die Anträge des Landtags an Unsere Regierung anlangt, so ist Folgendes zu
gedenken:
Die von Uns dem Landtage vorgelegte Kirchenvorstandsordnung hat aus den
in bem Schreiben Unseres Ministeriums vom 9. Februar 1892 dargelegten Gründen
zurückgezogen werden müssen.
Der Entwurf eines Nachtrags zu dem Gesetze vom 17. April 1888 die
Besoldungen der Volksschullehrer betreffend hat sich erledigt, weil im Prozeßwege
durch rechtskräftiges Urtheil entschieden worden ist, daß auch nach der jetigen Fassung
des Gesetzes vom 17. April 1888 die mit der Leitung der Volksschulen, an denen
mindestens 4 Lehrer in ebensoviel Klassen thätig sind, betrauten Oberlehrer einen
rechtlichen Anspruch haben auf 450 Mark und bezüglich 250 Mark pensionsberechtigte
Zulage aus Gemeindemitteln.
Uebrigens liegt jet mit Ausnahme einer Gemeinde die Leitung aller jener
Schulen in der Hand der ersten Lehrer. Die gedachte Ausnahme wird in der Kürze
ebenfalls verschwinden, weil die Leitung der betreffenden Schule einem Oberlehrer
übertragen werden soll. Die Sache hat sich somit von selbst erledigt.
Der Antrag auf Abänderung von § 8 des Gesees über die Friedensrichter
vom 12. September 1878 ist in einer Justizkonferenz von Kommissaren der bei dem
Oberlandesgericht in Jena betheiligten Regierungen berathen worden. In allen
Thüringischen Ländern und auch in Preußen hat man die Enthebung eines Friedens-
richters von seinem Amte aus erheblichen Gründen der Entscheidung eines kollegial
besetzten Gerichtes überlassen. Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung ist nirgeuds
gegeben, vielmehr ist das Urtheil des Gerichtes endgiltig. Ein Bedürfniß zur Ein-
führung eines Rechtsmittels ist in keinem der in Frage kommenden Staaten hervor-
getreten. Da Fälle von Amtsenthebungen der Friedensrichter in Deutschland nur
selten, in den Thüringischen Staaten fast gar nicht vorgekommen sind und das diesseitige
Fürstenthum mit einem solchen Rechtsmittel allein stehen würde, soll diese Angelegenheit
auf sich beruhen und an dem Gesehe über die Friedensrichter für jetzt nichts geändert
werden.
Dem Landtagsbeschlusse betressend die Auslegung des Artikels 90 der revidirten
Gemeindeordnung liegt ein vereinzelter Fall zu Grunde, in welchem weniger wirth-
schaftliche Verhältnisse als politische Rücksichten für den ertheilten Bescheid maßgebend
gewesen sind. Die Regierung findet sich nicht veranlaßt, hinsichtlich derartiger Fälle
schlechthin anzuerkennen, daß den Gemeindevertretungen als solchen ein uneingeschränktes
Petitionsrecht zusteht.