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änderi aber nichts an der innern Nothwendigkeit. Jenen Satz
stellen aber zahlreiche Völkerrechtsliehrer auf. So namentlich
Vattel, liv. II, ch. 6, $. 72; Schmalz, V.R., S. 159; Klüber,
V.R., $. 62f.; Heffter, V.R., 2. Aufl, S. 59; Wheaton,
Elements, 2. Aufl, Bd. I, S. 137.
Diesen gegenüber stehen denn aber nicht nur alle Dieje-
nigen, welche ausdrücklich nur den eigenen Staat als Rechtssub-
jekt erklären; sondern namentlich auch Alle, welche dem Staale
nur aus Klugheitsgründen den Ratlı geben, seine Unterthanen
von der Verletzung Fremder abzuhalten. Diese Rücksicht mag
nämlich eine an und_für sich ganz richtige sein; allein wenn
sie, wohl bemerkt in einem Rechtssysteme, als der einzige Grund
des Handelns angeführt wird: so muss ohne Zweifel geschlossen
werden, dass ein unmittelbar zwingender, also ein Rechisgrund,
nicht angenommen st. y
Es ist nur Gerechtigkeit anzuerkennen, dass die Crimina-
listen bei weitem am meisten zur Lösung des Problemes ge-
than haben. Allerdings waltet bei manchen derselben der hand-
greifliche Irrthum ob, dass sie die Frage für erledigt erachten
durch Aufstellung des sog. Territorialprinzipes, d. h. des Grund--
salzes, dass nur der Slaat in seinem Gebiete Gerichtsbarkeit
habe, diese sich aber über Alles und Alle innerhalb dieser Grän-
zen ersirecke; während die Frage vielmehr die ist: ob er auch
Handlungen ins Auge zu fassen hat, bei welchen er nicht selbst
betheiligt ist? Allein Viele und von den Ausgezeichnetsten
haben ganz richtig aufgefasst, wovon es sich handelt. Im Uebri-
gen stehen sich freilich die Meinungen sachlich schroff entgegen.
Einer Seits nämlich wird, freilich in verschiedener Fassung
und Begründung, dem Staate das Recht und die Pflicht zuge-
theilt, in gewissen Fällen auch über den Schutz der eigenen
Rechtsordnung hinauszugehen. So verlangt z.B. schon Renazzi
(Elementa jur. crim., L. Ill, cap. 5, $. 3.), dass der Staat im
Auslande begangene Verbrechen bestrafe, wenn sie so schwer
seien, dass jedes Volk ein Interesse dabei habe, sie ganz besei-
tigt zu sehen. — Rudolph (De poena delictorum extra territo-
rium adınissorum. Erl., 1790) erachtet es für eine Pflicht der
Menschlichkeit, d. h. für eine allgemeine sittliche Pflicht, dass auf