Full text: Der Bundesrat als Rechtspflegeorgan des Reiches.

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Bundesrat ebenfalls eine ausgedehnte Wirksamkeit. Er tritt 
in dieser Eigenschaft schon in Tätigkeit in den von der 
Verfassung selbst normierten Fällen, d. h. wenn das Ein- 
schreiten des Bundesrats im Falle der Justizverwaltung ge- 
geben ist gemäß Art. 77 RV. oder falls über die Einleitung 
einer Bundesexekution nach Art. 19 zu beschließen ist, oder 
endlich, falls ein Fall des Art. 76 vorliegt, der Bundesrat 
also in gewissen Öffentlichrechtlichen Streitigkeiten Recht 
sprechen muß. 
Dieser letzte Fall, in dem der Bundesrat als Rechts- 
pflegeorgan des Reichs in Kraft tritt, ist der wichtigste und 
soll daher unserer Betrachtung vorangestellt werden. Nach 
Art. «6 I werden „Streitigkeiten zwisclien verschiedenen 
Bundesstaaten, sofern dieselben nicht privatrechtlicher 
Natur und daher von den kompetenten Gerichtsbehörden zu 
entscheiden sind, auf Anrufen des einen Teils von dem 
Bundesrat erledigt“. 
Die Tendenz einer solchen Vorschrift ist klar. „Solange 
die Nationen ein gesondertes Dasein führen, wird es 
Streitigkeiten geben, welche nur mit den Waffen geschlichtet 
werden können!“?) Der Umstand aber, daß sich ver- 
schiedene selbständige, völkerrechtliche Subjekte, ganze 
Nationen oder bisher unabhängige Teile einer Nation an 
einander angeschlossen haben, um unter der Macht dieser 
Zusammengehörigkeit einheitliche Aufgaben besser erledi- 
gen zu können, läßt es zum mindesten wünschenswert er- 
scheinen, daß bei einem ausbrechenden Zwist auf gütlichem 
Wege zwischen den beiden streitenden Parteien vermittelt 
wird. Denn wie sollte ein zusammengesetzter Staat den 
gemeinschaftlichen Interessen seiner Glieder auch nur in 
entferntesten gerecht werden, falls es bei einem entstande- 
nen Streite, der ja trotz Eingehung eines engeren Bundes 
keineswegs gänzlich ausgeschlossen ist, den einzelnen 
  
2) Graf Helmut von Moltke.
	        
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