Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1906. (38)

570 XLV. 
§ 103. 
Eine andere Verwendung der lberschüsse, als zur Schuldenbezahlung und zu Kapitalanlagen 
und über die Verwendung derer, die nicht mehr zu Kapital angelegt werden sollen, kann nur 
von der Gemeindeversammlung beschlossen werden. 
Werden solche Überschüsse unter die Gemeindebürger verteilt, so geschieht die Verteilung 
nach Köpfen. 
Die Witwen der Gemeindebürger erhalten den vollen Anteil, der ihrem verstorbenen 
Ehemann, wenn er noch am Leben wäre, zufiele. 
4. Abschnitt. 
Von dem Almendgenuß. 
8 104. 
Die Art der Benutzung der ungeteilten Almendgüter, die Größe der Genußteile und die 
Art der periodischen Verteilung der letzteren bei geteilten Almendgütern, sowie die Größe der 
Bürgerholzgaben richtet sich nach dem unbestrittenen Zustande vom 1. Januar 1831. 
Er kann durch einen Beschluß von zwei Dritteln der Stimmen aller stimmfähigen Gemeinde— 
bürger auf eine andere Weise festgesetzt werden, und zwar nur insofern nicht die Genußteile 
unwiderruflich auf dem Besitz bestimmter Güter oder Häuser haften. 
Kommt über die vom Gemeinderat beantragte Anderung des Almendgenusses ein gültiger 
Beschluß der stimmberechtigten Gemeindebürger nicht zu stande oder wird der Antrag des 
Gemeinderats durch Beschluß der stimmberechtigten Gemeindebürger abgelehnt, so kann auf 
Antrag des Gemeinderats durch Gemeindebeschluß eine Anderung des Almendgenusses angeordnet 
werden, wenn überwiegende öffentliche Interessen dafür vorliegen und den Genußberechtigten 
beim Vollzug der Anderung für die seitherige Almendnutzung ein gleichwertiger Ersatz durch 
eine andere Naturalnutzung oder, sofern dies nicht tunlich, durch eine Geldrente gewährt wird. 
Eine Verminderung der Größe der Holzgaben kann infolge der verminderten nachhaltigen 
Ertragsfähigkeit der Waldungen stattfinden. 
§ 105. 
In dem ebengedachten Falle trifft die Verminderung sämtliche Gaben in gleichem Ver- 
hältnisse. Sinken die Gaben auf ein halbes Klafter herunter, so können solche nicht weiter 
verteilt werden, und wenn sie noch weiter vermindert werden sollen, so ist ihre Anzahl so zu 
beschränken, daß nur die, welche am längsten im Genusse sind, soweit es der Ertrag des Waldes 
zuläßt, ein halbes Klafter erhalten, die später Eingetretenen aber ihren Anteil auf solange 
verlieren, bis sie in erledigte Genußteile eintreten können.
	        
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