Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1906. (38)

VI. 45 
II. Verfahren bei den Gerichten. 
§ 6. 
Das Vormundschaftsgericht (§ 2 Absatz 2 des Gesetzes) hat auf Einkommen des bezirks- 
amtlichen Antrags und ebenso unter sinngemäßer Anwendung der in den §§ 2 bis 5 enthaltenen 
Grundsätze in denjenigen Fällen, in denen es. von Amtswegen vorzugehen sich veranlaßt sieht, 
nach Maßgabe der Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts- 
barkeit die zur vollständigen Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Verhandlungen zu 
pflegen, insbesondere erhebliche Zeugen selbst zu vernehmen oder deren gerichtliche Vernehmung 
anderweit zu veranlassen, auch die in § 3 Absatz 4 des Gesetzes bezeichneten Personen und 
Behörden zu hören und vor seiner Beschlußfassung dem Bezirksamt unter Zusendung des 
gesamten Aktenmaterials Gelegenheit zur Außerung zu geben. 
Ist die Anhörung derjenigen Personen, welchen die Sorge für die Person des Minder- 
jährigen zusteht, zur Zeit nicht ausführbar, oder mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten ver- 
bunden, so kann — vorbehaltlich des Rechts derselben, die Wiederaufnahme des Verfahrens 
zu verlangen (8 5 des Gesetzes) — das Verfahren auch ohne diese Anhörung abgeschlossen werden. 
Das Bezirksamt ist befugt, je nach dem Ergebnis der gerichtlichen Erhebungen sich auch 
gegen die Unterbringung zur Zwangserziehung auszusprechen, oder seinen hierauf gerichteten 
Antrag zurückzuziehen. 
87. 
Der Beschluß des Vormundschaftsgerichts (§ 4 des Gesetzes) ist mit Gründen in tat- 
sächlicher und rechtlicher Hinsicht zu versehen. Die Bekanntgabe des Beschlusses hat dadurch 
zu geschehen, daß je eine Ausfertigung desselben dem Bezirksamte gegen Empfangsbescheinigung 
mitgeteilt und denjenigen Personen, welchen die Sorge für die Person des Minderjährigen 
zusteht, zugestellt wird. 
Wird die sofortige Beschwerde ausgeführt (§ 4 Absatz 2 des Gesetzes), so hat das 
Vormundschaftsgericht unter Mitteilung einer Abschrift derselben eine Erklärung des Bezirks- 
amts, oder, wenn dieses der beschwerdeführende Teil ist, tunlichst derjenigen Personen, welchen 
die Sorge für die Person des Minderjährigen zusteht, zu erheben. Für die Abgabe der 
Erklärung ist eine Frist von regelmäßig zwei Wochen zu setzen, nach deren Ablauf die Akten 
dem Beschwerdegericht vorzulegen sind. 
88. 
Die Vorschriften des § 7 finden auch entsprechende Anwendung bei Entscheidungen des 
Landgerichts sowie bei Beschwerden an das Oberlandesgericht und bei dessen Entscheidungen. 
§ 9. 
In Fällen, in denen die fürsorgliche Unterbringung vor Abschluß des Verfahrens geboten 
ist, erläßt das Vormundschaftsgericht hierüber eine mit Gründen versehene einstweilige Ver- 
sügung; eine etwaige Beschwerde gegen dieselbe steht ihrem alsbaldigen Vollzuge nicht im Wege. 
8.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.