Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1906. (38)

VI. 53 
mit Ausführung der Unterbringung betrauten Armenverbande oder Vereine zur weiteren 
Vorlage an das Bezirksamt Mitteilung zu machen. Die Schlußbemerkung des § 26 findet 
auch hier Anwendung. 
Von jedem Entweichen eines Zwangszöglings aus einer Anstalt ist auf kürzestem Wege, 
tunlichst telephonisch oder telegraphisch, dem die Zwangserziehung leitenden sowie dem für die 
Anstalt örtlich zuständigen Bezirksamte Anzeige zu erstatten. 
Die Bezirksämter haben von solchen Anstalten, deren Zöglinge nach ihrem Alter und 
dem Grade ihrer Verwahrlosung Fluchtversuche gewärtigen lassen, bei der ersten Einlieferung 
ein Signalement nebst vollständigen Personalien und besonderen Kennzeichen zu erheben. 
* 32 
Soweit die zur Benützung im Zwangserziehungsverfahren vom Ministerium des Innern 
als geeignet erklärten Anstalten der Aufsicht der Schulbehörden unterstehen, wird diese durch 
die Kreisschulvisitaturen nach näherer Anweisung der Oberschulbehörde ausgeübt. 
Die Kreisschulvisitaturen werden namentlich bei Prüfung von Anstaltsschulen den in der 
Anstalt zur Zwangserziehung untergebrachten Zöglingen besondere Aufmerksamkeit widmen und 
erforderlichenfalls Mitteilungen oder Anträge an das Bezirksamt richten. 
  
VI. Dauer der Zwangserziehung und Entlaf'ung aus derselben. 
833. 
Sowohl hinsichtlich der in Familien als hinsichtlich der in Anstalten untergebrachten 
Zöglinge ist vom Bezirksamte weiterhin im Auge zu behalten und je nach Befund mit dem 
Fürsorger oder Anstaltsvorstand des Näheren zu erörtern, ob etwa die Entlassung aus der 
Zwangserziehung vor dem vollendeten zwanzigsten Lebensjahre des Zöglings herbeigeführt 
werden könnte. 
Insbesondere ist in eine Prüfung der Frage, ob die Zwangserziehungsmaßregeln noch 
fortzubestehen haben, dann einzutreten, wenn sich die Notwendigkeit ergibt, während der Dauer 
der Zwangserziehung erkrankte Zwangszöglinge in eine Krankenanstalt zu verbringen. 
  
g 34a. 
Erscheint dem Bezirksamte die Besserung des Zöglings nachhaltig erzielt oder die Erreichung 
dieses Zweckes anderweit hinreichend sichergestellt, so ist die frühere Entlassung herbei- 
zuführen. 
Wird die frühere Entlassung von denjenigen Personen, denen die Sorge für die Person 
des Minderjährigen zusteht oder zustehen würde, wenn die Zwangserziehung nicht angeordnet wäre, 
beim Bezirksamt angeregt, und trägt letzteres Bedenken, diese Maßregel seinerseits herbei- 
zuführen, so ist den Beteiligten anheimzugeben, Antrag auf Aufhebung der Zwangserziehung 
beim Vormundschaftsgerichte zu stellen. 
9.
	        
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