778 LIV.
Ottskirchensteuergesetz
vom 20. November 1906.
I. Voraussetzungen der kirchlichen Besteuerung.
Artikel l.
Ortliche Verbände von Angehörigen der nach § 1 des Gesetzes vom 9. Oktober 1860,
betreffend die rechtliche Stellung der Kirchen und kirchlichen Vereine im Staate, mit dem Rechte
öffentlicher Korporationen ausgestatteten Kirchen, welche zum Zweck der gemeinsamen öffentlichen
Religionsübung mit regelmäßigem pfarrlichem Gottesdienste im Großherzogtum bestehen oder mit
staatlicher Genehmigung künftig errichtet werden, haben als Kirchengemeinden die Rechte
öffentlicher Korporationen (Körperschaften), deren räumlicher Umfang das Kirchspiel ist.
Sind in einem Kirchspiel Altkatholiken zu einer staatlich genehmigten Gemeinschaft vereinigt
(Gesetz vom 15. Juni 1874, betreffend die Rechtsverhältnisse der Altkatholiken), so bildet diese
im Sinne des gegenwärtigen Gesetzes eine besondere Kirchengemeinde.
Artikel 2.
Zur Bestreitung der für die öffentliche Religionsübung der Gemeinde erforderlichen Ausgaben
der örtlichen kirchlichen Bedürfnisse — können die Kirchengemeinden (Artikel 1) von ihren
Angehörigen Steuern (Umlagen) fordern, für deren Erhebung die Hilfe der Staatsgewalt unter
den Voraussetzungen und nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes gewährt wird.
Als örtliche kirchliche Bedürfnisse sind jedenfalls anzusehen:
. Unterhaltung und Neubau der Pfarrkirchen und Pfarrhäuser:
2. Anschaffung und Unterhaltung der nach den Satzungen oder Gebräuchen jeder Kirche für
den Pfarrgottesdienst, für kirchliche Feierlichkeiten der Gemeinde und für die Ausübung der
anderweiten seelsorgerlichen Verrichtungen nötigen Gerätschaften und sonstigen Erfordernisse
3. Belohnung der sogenannten niederen kirchlichen Bediensteten (Küster, Organisten re.):
4. Entschädigung für Stolbezüge, deren Ablösung seitens der zuständigen kirchlichen
Organe beschlossen worden ist.
Für Ausstattung neu zu errichtender geistlicher Amter ist eine Besteuerung durch die
Kirchengemeinde nur mit Genehmigung der obersten Staatsbehörde statthaft.
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