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Die der Gehöftsperre unterliegenden seuchekranken und seucheverdächtigen Pferde dürfen
ohne ausdrückliche Erlaubnis des Bezirksamts nicht aus dem Seuchengehöfte entfernt werden.
Diese Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn bei der Ausführung der Pferde jede mittelbare
oder unmittelbare Berührung mit anderen gesunden Pferden vermieden wird. Im Falle der
mit bezirksamtlicher Erlaubnis erfolgten Überführung in ein anderes Gehöft ist dort die
Gehöftsperre fortzusetzen. Zutreffendenfalls ist das Bezirksamt des Amtsbezirks, in dem das
neue Gehöft liegt, von der Sachlage in Kenntnis zu setzen.
87.
In Orten, wo die Influenza der Pferde eine größere Verbreitung erlangt hat, oder sonst
eine größere Seuchengefahr besteht, dürfen Pferdemärkte oder Pferdemusterungen und der-
gleichen Veranstaltungen nicht abgehalten werden.
In Zeiten der Seuchengefahr können die Ställe der Pferdehändler einer periodischen Be-
aufsichtigung durch die Bezirkstierärzte unterworfen werden. Die hierdurch entstehenden Kosten
haben die Pferdehändler zu tragen
88.
Die Seuche gilt als erloschen, und die angeordneten Schutzmaßregeln sind aufzuheben,
wenn nach Abheilung des letzten Krankheitsfalles eine Frist von 5 Wochen umlaufen, nach dieser
Frist die Unverdächtigkeit der Pferde durch den Bezirkstierarzt festgestellt und die vorschrifts-
mäßige Desinfektion (§ 9) erfolgt ist.
89.
Zur Desinfektion der Stallungen und sonstigen Räumlichkeiten, in denen seuchekranke
Pferde gestanden haben, ist zunächst nach Maßgabe der §§ 4 bis 8 der Anweisung für das
Desinfektionsverfahren bei ansteckenden Krankheiten der Haustiere (Anlage & der Bundesrats-
instruktion vom 27. Juni 1895) eine gründliche Reinigung und Lüftung vorzunehmen.
Darauf hat nach § 9 der Anweisung eine Ubertünchung der Stalldecken, Wände und Gerät-
schaften, sowie eine Abschlemmung des Fußbodens mit aus frisch gelöschtem Kalk hergestellter
Kalkmilch zu erfolgen. Eisenteile sind mit Teer, Lack oder Olfarben zu bestreichen. Das
gleiche Verfahren ist bei Holz= und Steinteilen an Stelle der Übertünchung mit Kalkmilch
anwendbar.
Die Abfuhr des Düngers ist womöglich mit durchgeseuchten Pferden oder mit Rindvieh-
gespann in der Weise zu bewirken, daß eine Berührung mit anderen Pferden nicht stattfindet.
An Stelle der Düngerabfuhr ist unter Umständen die Ansammlung und längere Lagerung
des Düngers (mindestens vierwöchige Packung) an abgelegenen Orten bezirksamtlich zu gestatten.
Die Desinfektion ist von dem Bezirksamt nach näherer Angabe des Bezirkstierarztes
anzuordnen und von der Ortspolizeibehörde zu überwachen. Verseuchte Stallungen von
Pferdehändlern, Zuchthengsthaltern und Fuhrunternehmern sind unter persönlicher Leitung
und liberwachung des Bezirkstierarztes zu desinfizieren.
Karlsruhe, den 19. September 1908.
Großherzogliches Ministerum des Innern.
von Bodman. Meericke.
Druck und Verlag von Malsch & Vogel in Karlrube.