Full text: Handbuch der Politik. Zweiter Band. (2)

112 K. Th. von Eheberg, Die Reichssteuergesetze von 1913. 
  
Der Begriff Vermögen ist der gleiche wie im Wehrbeitragsgesetz. Vermögen, die den Gesamt- 
wert von 20 000 Mk. nicht übersteigen, sind steuerfrei; bei Vermögen über 20 000, aber nicht über 
30 000 Mk. ist der Zuwachs nur insofern steuerpflichtig, als dadurch die steuerfreie Grenze über- 
schritten wird. Erbtz. B. ein Mittelloser 25000 Mk.,so hat ernur von5000Mk. die Steuer zuentrichten. 
Beträgt der Zuwachs nicht mehr als 10 000 Mk., so entfällt die Steuer. Von dem steuerpflichtigen 
Zuwachs darf der Betrag in Abzug gebracht werden, um den die abzugsfähigen Schulden und Lasten 
am Beginn des Veranlagungszeitraumes das aktive Vermögen überschritten haben. Hat z. B. der 
Gesamtwert des Aktivvermögens zu Beginn der Periode 50 000 Mk., die Summe der abzugsfähigen 
Schulden 60 000 Mk. betragen, während am Ende der Periode das Gesamtvermögen sich auf 90 000 
Mark beläuft, so wird nicht der Unterschied von 50 000 zu 90 000 also 40 000 Mk. der Steuer unter- 
stellt, sondern der Zuwachs von 40 000—10 000 = 30 000, da die Schulden am Anfang der Periode 
das Gesamtvermögen um 10000 Mk. überstiegen haben. 
Die Feststellung des Zuwachses erfolgt erstmals am 1. April 1917 für den in der Zeit vom 1. Ja- 
nuar 1914 bis 31. Dezember 1916 entstandenen Zuwachs, späterhin in Zeitabständen von 3 zu 3 Jah- 
ren für die in den vorangegangenen 3 Kalenderjahren erfolgte Vermögensmehrung. . Als Wert 
des steuerbaren Vermögens am 1. Januar 1914 gilt das nach dem Wehrbeitragsgesetz festgestellte 
Vermögen. Um Härten zu vermeiden, ist für die Berechnung des Zuwachses nicht immer der 
Vermögensstand am Anfang des jeweiligen Veranlagungszeitraumes sondern unter Umständen 
auch ein früherer Zeitpunkt massgebend, falls damals der Vermögensstand grösser war als zur 
Zeit der letzten Veranlagung. Gesetzt die Veranlagung ergebe 
am 31. Dez. 1913 ein steuerpflichtiges Vermögen von 100 000 Mk. 
191 „ , 150 000 
„ ” ” ” ” ”s ” 
” ” „ 1919 ” ”„ ”„ ”„ 90 000 ” 
” ” ” 1922 „ ” ”„ „ 130 000 „ 
„ „ 1925 ” {2} ” „ 180 000 2} 
dann liegt Ende 1916 ein steuerpflichtiger Zuwachs von 50 000 Mk. vor; 1919 liegt ein Verlust 
vor; 1922 ist zwar wieder ein Zuwachs gegen 1919 gegeben, aber immer noch ein Ausfall gegen 
1916, eine Steuer wird also nicht erhoben. Erst Ende 1925 bezw. Anfang 1926 tritt wieder Steuer- 
pflichtigkeit ein und zwar für den Zuwachs von 30 000 Mk. zwischen 31. Dezember 1916 und dem 
gleichen Datum 1925. Andererseits kann die Steuerpflichtigkeit auch durch Zusammenrechnung 
der Zuwachse von zwei oder mehr Veranlagungsperioden entstehen, von denen jeder einzelne für 
sich steuerfrei wäre, die aber zusammen die steuerfreie Grenze übersteigen. Beträgt z. B. das Ver- 
mögen am 31. Dezember 1913 22 000 , am 31. Dezember1916 25 000, am 31. Dezember 1919 33 000 
Mark, so sind die einzelnen Zuwachse von 3000 und 8000 Mk. steuerfrei; verglichen mit 1913 ergibt 
sich aber insgesamt ein Zuwachs von 11000 Mk., der zu versteuern ist. 
Die Ermittelung des Vermögenswerts geschieht in der Regel wie beim Wehrbeitrag nach 
dem gemeinen (Verkaufs-) Wert der einzelnen Bestandteile. Für die Wertfestsetzung der Wert- 
papiere, Aktien usw. sowie von Renten gelten die oben erwähnten Bestimmungen des Wehrbei- 
tragsgesetzes. Für Betriebe, in denen regelmässige jährliche Abschlüsse stattfinden, kann der 
Vermögensfeststellung der Stand am Schlusse des letzten Wirtschafts- oder Rechnungsjahres zu 
Grunde gelegt werden. Bei Grundstücken kann auf Antrag der Pflichtigen an Stelle des gemeinen 
Wertes der Betrag der Gestehungs- und der sonstigen Anschaffungskosten und besonderen Auf- 
wendungen während der Besitzzeit treten, soweit sie in den Bauten und Verbesserungen noch vor- 
handen sind und nicht zu den laufenden Wirtschaftsausgaben gehören. Beim Erwerb von Todes- 
wegen und im Wege der Erbteilung, beim Erwerb von Eltern und Voreltern, sowie bei Schenkung 
von Grundstücken und Gebäuden ist der Ertragswert massgebend, sofern nicht der Pflichtige die 
Veranlagung nach dem gemeinen Wert verlangt. Bei Erwerben vor dem 1. Januar 1914 gilt der 
bei Veranlagung des Wehrbeitrages festgestellte Wert des Grundstücks als Betrag der bis dahin 
entstandenen Gestehungskosten. 
Was die Steuersubjekte betrifft, so sind steuerpflichtig nur physische Personen und zwar 
die Angehörigen des Deutschen Reichs und die diesen im Wehrbeitrapsgesetz gleichgestellten Aus-
	        
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