Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1874. (1)

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1. Nachdem in Folge der durch den Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Februar 1803 
erfolgten Auflösung des Kurstaates Mainz auch die von dem Kurfürsten von Mainz durch 
Verordnung vom 1. October 1784 gegründete Wittwen= und Waisencasse ausgelöst wurde, 
erklärte sich, wie aus der Verordnung des Kurerzkanzlers Fürsten Carl von Dalberg vem 
4. September 1804 hervorgeht, der bei weitem größte Theil der Aschaffenburger Civildiener 
und Wittwen freiwillig als Mitglieder eines neu zu errichtenden Civilwittweninstituts; der 
erwähnte Kanzler nahm die sich zusammenbegebene Privatgesellschaft in seinen 
besonderen landesherrlichen Schutz und sanctionirte die Vorschläge, welche von der die gesell- 
schaftlichen Mitglieder repräsentirenden Commission gemacht wurden. 
2. Die Verwaltung des Instituts stand zwar unter landesherrlicher Aufsicht und Ueber- 
wachung, wurde aber unmittelbar von einer Commission bethätigt, zu welcher verschiedene 
Branchen des Staatsdienstes stiftungsgemäß Mitglieder abzuordnen hatten; der Cassier wurde 
durch Wahl der Mitglieder und der Commission bestimmt, ferner wurden dem Institute die Rechte 
und Privilegien der milden Stiftungen und der Minderjährigen verliehen. 
3. Einen vorzüglichen Bestandtheil des Fondes bildeten die Eintrittsgelder und jährlichen 
Beiträge der betheiligten Mitglieder, jedem Staatsdiener stand es völlig frei, ob er dem Verrme 
beitreten wollte oder nicht und es wurde in den Statuten den Mitgliedern und den Wittw#n 
verstorbener Mitglieder die Eigenschaft von socü ausdrücklich beigelegt. 
Mit Recht hat daher das k. Bezirksgericht Würzburg in seinem Urtheile vom 3. Decem- 
ber 1873 angenommen, daß jedes in den Verein eintretende Mitglied durch seinen Eintrin 
privatrechtliche Verpflichtungen einging, dagegen aber auch privatrechtliche Ansprüche erwarb, 
für deren Beurtheilung die sanctionirten Statuten als Entscheidungsnorm für den Richter zu 
dienen haben und geht die Anerkennung dieser Ansprüche als privatrechtlicher aus der Bestim- 
mung im Abschn. III. F. 2. Ziff. IV. der allegirten Verordnung von 1804 selbst hervor, 
da aus dieser Stelle zu entnehmen ist, daß das Institut bei den Gerichtsstellen Recht 
zu geben und zu nehmen hatte 
Diesen privatrechtlichen Charakter der aus dem Beitritte zum Vereine entstehenden Ansprüche 
vermag der Umstand keineswegs zu beseitigen, daß dem Vereine jährliche Zuschüsse von dem 
Staate gewährt wurden, da hiedurch die Privatgesellschaft, welcher diese Zuschüsse mit Rücksicht 
auf ihren auch das öffentliche Wohl fördernden Zweck gewährt wurden, ihren eigenthümlichen 
Charakter nicht verlor, da ferner auch Zusicherungen, welche durch freie Regierungsacte einer 
Gemeinschaft von Personen gemacht und von dieser angenommen wurden, Privatrechtsansprüche
	        
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