Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1882. (9)

46 
Müller Joseph Eich leitet seine Forderung gegen die Gemeinde Schweinheim aus 
seinen Dienstleistungen als Gemeindebevollmächtigter des dortigen Gemeindeausschusses ab, 
als welcher derselbe in den Jahren 1870 und 1874 gewählt war. 
Art. 19 Abs. 3 Ziff. 2 der dießrheinischen Gemeindeordnung vom 29. April 1869 
verpflichtet die Gemeindebürger, Gemeindeämter, wozu dieselben gewählt werden, anzunehmen 
und während der bestimmten Dauer zu verwalten. 
Nach Art. 125 Abs. 2 der angeführten Gemeindeordnung haben die Gemeindebevoll- 
mächtigten ihre Stellen vorbehaltlich der Entschädigung für baare Auslagen und außer- 
ordentliche Dienstleistungen unentgeltlich zu versehen. 
Die Dienstleistungen eines Gemeindebevollmächtigten in Bezug auf das ihm über- 
tragene Gemeindeamt erfolgen demnach in seiner Stellung als Gemeindebürger zur 
Gemeinde als öffentliche Corporation; dieselben sind, weil zur Erfüllung der dieser 
Corporation obliegenden öffentlichen Aufgaben bestimmt, ihrem Wesen nach öffentlich recht- 
licher Natur. · 
Ob für derlei Dienstleistungen von den Gemeindebevollmächtigten Vergütungsansprüche 
auf Grund spezifizirter Aufrechnungen erhoben oder, wie hier von der Gemeindeverwaltung 
Schweinheim unter Billigung der betreffenden Staatsaufsichtsbehörden für die Jahre 1870 
und 1871 geschehen ist, Pauschalvergütungen hiefür ausgesetzt werden, ändert an der Natur 
der einschlägigen rechtlichen Beziehungen zwischen den Betheiligten Nichts. 
Streitigkeiten, welche, wie die hier vorliegende, zwischen einer Gemeinde und einem 
Gemeindebürger in Bezug auf dessen Ansprüche aus seinen Dienstleistungen als Gemeinde— 
bevollmächtigter sich ergeben, entbehren daher jeder privatrechtlichen Grundlage und sind 
demzufolge nicht vor den Civilgerichten auszutragen. 
Die in der klägerischen Denkschrift aufgestellte Behauptung, daß bestrittene Ansprüche 
auf Vergütungen für öffentliche Dienstleistungen Civilrechtssachen seien und zumeist auf 
dem Civilrechtswege ausgetragen werden müßten, ist in der vermeintlichen Allgemeinheit 
jedenfalls unrichtig, und die Annahme bezüglich derartiger Ansprüche der Staats= und 
Gemeindebeamten, insoferne unter letzteren die von einer Gemeinde angestellten gemeint 
werden wollten, unzutreffend, da hinsichtlich dieser Kategorien von Personen andere Rechts- 
verhältnisse zu Grunde zu legen und andere Normen hiefür maßgebend sind, als hinsichtlich 
eines Gemeindebürgers, der zu Dienstleistungen für die Gemeinde in der Eigenschaft eines
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.