Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1885. (12)

Beil. II. 37 
Privatrechtssubjekte überhaupt zukommende Stellung einnimmt. Gleichwie es nun 
auf der einen Seite gewiß ist, daß der Staat die Consequenzen dieser besonderen privat- 
rechtlichen Stellung innerhalb seines eigenen Hoheitsbereichs in vollem 
Umfang zu tragen hat, ebenso ist es andererseits in der völkerrechtlichen und prozefsualen 
Theorie und Praxis, zum Theil selbst mittelst direkter Gesetzesbestimmungen (vergl. z. B. 
§. 20 des Reichsgerichtsverf.-Gesetzes), vielfältig anerkannt, daß auf dem Privatrechts- 
gebiete auch die völkerrechtliche Geltung des Axrioms der Nichterstreckung der inländischen 
Gerichtsbarkeit über einen fremden souveränen Staat wenigstens bestimmte Ausnahmen 
zu erleiden hat und zwar namentlich in solchen Fällen, in denen sich die Privatrechtsbe- 
ziehungen des ausländischen Staats direkt in den territoriellen Hoheitsbereich des inländischen 
Staates erstrecken. 
Als derartige Ausnahmen gelten namentlich ganz allgemein und sind auch eigens vom 
k. Staatsministerium des Aeußern in seiner Denkschrift selbst bezeichnet, die beiden Fälle 
der Realgerichtsbarkeit des inländischen Staats in Bezug auf Grundbesitzungen des fremden 
Staats im Inlande, dann der Gerichtsbarkeit über den ausländischen Staat in seiner Stellung 
als Kläger und Widerbeklagter im Civilprozesse vor inländischen Gerichten. 
Diese beiden Ausnahmen sind übrigens keineswegs abgeschlossener und für sich bestehender 
Natur. Sie führen vielmehr auf allgemeine Principien zurück. 
Während die erstgedachte Ausnahme sich vorwiegend als durch die Rechtsconsequenz aus 
der Gebietshoheit des inländischen Staats bedingt darstellt, beruht die zweite auf der 
Anschauung, daß sich der ausländische Staat auf seine völkerrechtliche Exemption überall da 
nicht mehr berufen könne, wo eine freiwillige Unterwerfung unter die inländische 
Gerichtsbarkeit vorliegt. Diese Tragweite einer freiwilligen Unterwerfung ist ebenfalls bereits 
in der Staatspraxis hinlänglich anerkannt. 
So in den Urtheilen des Court of Chancery vom 5. Juni 1872 und 6. November 1874 
(abgedruckt in Gruchots Beiträgen a. a. O. S. 314), 
dann in den Motiven des Urtheils des Gerichtshofs für Kompetenzkonflikte in Berlin vom 
14. Januar 1872, 
(Gruchot, a. a. O. S. 301). 
Ein bündiges Zeugniß hiefür findet sich auch in den Motiven jenes Gesetzentwurfs,
	        
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