Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1885. (12)

Beil. II. 39 
Die von dem Pforzheimer Bankverein geltend gemachten Ansprüche entspringen aus 
einem einfachen Darlehensvertrag, welchen ursprünglich die Franz-Josephs-Bahn-Gesellschaft 
abgeschlossen hat. In dieses Rechtsverhältniß ist der österreichische Staat passiv durch Schuld- 
übernahme freiwillig eingetreten. Ersteres hat dadurch von seinem rein privatrechtlichen 
Charakter nichts verloren. 
Einen der wesentlichsten Punkte bei jenem Darlehensvertrage bildet die Verabredung, 
daß die Franz-Josephs-Bahn-Gesellschaft als Schuldnerin verpflichtet sein solle, behufs Ein- 
lösung der fälligen Coupons und rückzahlbar gewordenen Schuldverschreibungen in Deutschland 
und speciell auch in Süddeutschland bei einem Bankhause eine Zahlstelle zu errichten. Eine 
solche Domicilirung der Zahlung nach Deutschland verlegte den finanziellen Geschäftsbetrieb 
der Franz Josephs-Bahn-Aktiengesellschaft in partieller Richtung vertragsmäßig" in den terri- 
torialen Bereich der Jurisdictionsgewalt der deutschen Gerichte. 
Nach ihrer ganzen Natur, wie auch nach den bei solchen Finanzoperationen vorwaltenden 
Anschauungen kann auch jene Domicilirung nur den Sinn und die Zweckbestimmung haben, 
daß dadurch den inländischen Gläubigern den ausländischen Schuldnern gegenüber nicht allein 
eine geschäftliche Erleichterung für die Erlangung von Zahlung, sondern auch eine gewisse 
rechtliche Garantie für die Gewährung der Zahlung in vertragsmäßiger Weise und ein 
erhöhter Rechtsschutz im Inlande selbst gewährt, überhaupt die Gläubigerschaft 
der Nothwendigkeit überhoben werden solle, ihre Befriedigung irgend- 
wie erst im Auslande suchen zu müssen. 
Daß die vertragsmäßige Begründung eines dergestalt gelagerten Rechtsverhältnisses zu- 
gleich eine concludente Anerkennung der Jurisdiction der inländischen Gerichte von selbst 
in sich schließt, bedarf keiner weiteren Erörterung. Die Rechtsgrundsätze und die Rechts- 
übung in Ansehung domicilirter Wechsel, sowohl im Allgemeinen, wie insbesondere bezüglich 
der Wirkung der Domicilirung auf die Jurisdictionsrechte der Gerichte des Domicilsortes, 
bieten zudem naheliegende Analogien. Auf der Basis der sonach begründeten Jurisdictions= 
berechtigung deutscher Gerichte im Allgemeinen würde sich nach dem heutigen deutschen 
Prozeßrechte für den Fall, daß sich die Behauptung des k. Advokaten Steyrer über die 
bereits stattgehabte Errichtung einer Zahlstelle in Frankfurt am Main in Richtigkeit ver- 
halten sollte, sogar noch die weitere Consequenz ergeben, daß gegenüber der schuldnerischen
	        
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