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zu, und er thut dem von der kgl. Regierung der Eisenbahn beigemessenen Charakter als
öffentlicher Weg leinen Eintrag. Die Befugniß, über eine Frage öffentlichrechtlicher Natur zu
entscheiden, insoweit es sich dabei lediglich um eine Vorfrage für die Entscheidung eines
bürgerlichen Rechtsstreits handelt und die Entscheidung über die Vorfrage nicht in Form
einer selbständigen Entscheidung erfolgt, ist dem Gerichte im Allgemeinen, namentlich auch
nach der Vorschrift des § 139 der Civilprozeßordnung zuzuerkennen.
Indem diese Vorschrift dem Gerichte die Befugniß gibt und es in dessen Ermessen
stellt, die Verhandlung eines Rechtsstreits bis zur Entscheidung über ein von der Ver-
waltungsbehörde festzustellendes, für die Entscheidung über die Klage präjudicielles Rechts-
verhältniß auszusetzen, geht sie von der Unterstellung aus, daß das Gericht die Aussetzung
auch unterlassen und die Vorfrage selbst lösen kann, weil es als Richter über die Klage
berufen ist, alle für die Entscheidung hierüber in Betracht kommenden Umstände und Vor-
fragen in den Bereich seiner Würdigung zu ziehen. Anders wäre es nur, wenn durch das
Gesetz die Würdigung solcher Vorfragen dem Gerichte entzogen und ausschließlich der Ver-
waltung zugewiesen wäre. Allein dies ist für die hier in Betracht kommende Vorfrage
nicht anzunehmen, weil damit, daß die Entscheidung über die öffentlichrechtliche Natur eines
Wegs der Verwaltung zugewiesen ist, dieser Zuweisung noch nicht der Charakter der Aus-
schließlichkeit im vorgedachten Sinne beizumessen ist (vergl. hiezu insbesondere Planck,
Lehrb. des d. Civilproz. Bd. 1 S. 96 Text mit Anm. 3; Gaupp, Kommentar zur
Civilprozeßordnung § 139 Anm. II B; Entsch. des Reichsgerichts vom 1. Nov. 1887,
Seufferts Archiv Bd. 43 S. 332; Hauser, Zeitschr. für Reichs= und Landesrecht
Bd. 4 S. 257 flg.; Wilmowski, Anm. 1 zu § 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes;
Seydel, bayer. Staatsrecht II. Aufl. S§ 131 S. 586 fg.). Ein Eingriff in die ver-
waltungsrechtliche Zuständigkeit läge hier nur vor, wenn in dispositiver Weise, also im
Urtheilstenor gemäß dem § 253 der Civilprozeßordnung über die Vorfrage nach der öffent-
lichrechtlichen Natur des Schienenwegs entschieden worden wäre, da die Entscheidung hierüber
dann eine selbständige Bedeutung hätte und nicht in der Entscheidung über den Klageanspruch
aufginge. In dieser Form ist die Entscheidung aber nicht getroffen. Nach all dem war
wie geschehen zu erkennen.
Also geurtheilt und verkündet in der öffentlichen Sitzung des Gerichtshofes für Kom-
petenzkonflikte vom 17. Dezember 1898, wobei zugegen waren die Räthe des Obersten
Landesgerichts Petersen, Osthelder, Böhm und Sand, der erstgenannte als stellver-
tretender Vorsitzender, die Räthe des Verwaltungsgerichtshofes Weber, Reindl und Morhart,
der k. Staatsanwalt Scherer und der k. Sekretär Naager.
gez. Petersen. Weber. Esthelder. Reindl. Löhm. Morhart. Sand.