Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1899. (26)

Artikel 22. 
Das Dienstverhältniß eines landwirthschaftlichen Dienstboten ist im Zweifel als für 
ein Dienstjahr und, falls es im Laufe eines Dienstjahrs beginnt, als für die Zeit bis 
zum Schlusse dieses Dienstjahrs eingegangen anzusehen. Ist das Dienstverhältniß auf 
unbestimmte Zeit eingegangen, so ist die Kündigung nur für den Schluß eines Dienstjahrs 
und nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen zulässig. Das Dienst- 
jahr beginnt am 1. Februar. 
Bei anderen Dienstboten tritt an die Stelle der im § 621 Abs. 4 des Bürgerlichen 
Gesetzbuchs bestimmten Kündigungsfrist von sechs Wochen eine solche von einem Monate. 
Artikel 23. 
Das Dienstverhältniß kann von jedem Theile ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist 
gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Kündigung ist auch schon vor 
dem Antritte des Dienstes zulässig. 
Artikel 24. 
Als ein wichtiger Grund, der die Dienstherrschaft zur Kündigung ohne Einhaltung 
einer Kündigungsfrist berechtigt, ist es, sofern nicht besondere Umstände eine andere Be- 
urtheilung rechtfertigen, namentlich anzusehen: 
1. wenn der Dienstbote die Dienstherrschaft bei Eingehung des Dienstvertrags durch 
Vorzeigung eines falschen oder gefälschten Dienstzeugnisses oder Dienstbotenbuchs 
hintergangen oder über das Bestehen eines anderen, ihn gleichzeitig verpflichtenden 
Dienstverhältnisses in einen Irrthum versetzt hat; 
lwenn der Dienstbote sich eines Diebstahls, mehrmaliger Entwendung, einer 
Unterschlagung, eines Betrugs oder eines liederlichen Lebenswandels schuldig macht: 
3. wenn der Dienstbote den Antritt des Dienstes ohne rechtfertigenden Grund ver- 
weigert oder in erheblichem Maße verzögert, wenn er den Dienst während einer 
den Umständen nach erheblichen Zeit unbefugt verläßt oder den ihm obliegenden 
Verpflichtungen nachzukommen beharrlich verweigert; 
4. wenn der Dienstbote die ihm obliegenden Verpflichtungen beharrlich in grober 
Weise vernachlässigt, die ihm anvertrauten Personen oder Thiere schlecht behandelt 
oder durch Vernachlässigung gefährdet; 
5. wenn der Dienstbote der Verwarnung ungeachtet mit Feuer und Licht unvorsichtig 
umgeht; 
6. wenn der Dienstbote sich Thätlichkeiten oder grobe Beleidigungen gegen die 
Dienstherrschaft oder ihren Vertreter oder gegen die Familienangehörigen der 
Dienstherrschaft oder des Vertreters zu Schulden kommen läßt; 
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