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als auch bei der Verpachtung der „Mändelbühelanteile“ im Jahre 1897 wurden seitens
der Gemeinde Oberstimm ausschließlich Gemeindenutzungsberechtigte nach Maßgabe ihrer
Nutzungsanteile berücksichtigt und wurde bestimmt, daß die Pachtanteile an die Anwesen,
auf denen das Gemeindenutzungsrecht ruht, gebunden sein sollen.
Die im Jahre 1893 erfolgte Erneuerung des im Jahre 1881 begründeten Rechts-
verhältnisses geschah durch Beschlüsse des Gemeindeausschusses und der Gemeindeversammlung.
Zugleich wurde im ausschließlichen Interesse der Gemeindenutzungsberechtigten der „Pacht-
zins“ von 3 Pfennig auf 1 Pfennig pro Dezimale herabgesetzt. Im Jahre 1897 erfolgte
die „Verpachtung“ der Mändelbühelanteile wiederum durch Beschlüsse des Gemeindeaus-
schusses und der Gemeindeversammlung. Bei der Beschlußfassung der letzteren stimmte ein
Teil der nicht vollzählig erschienenen Stimmberechtigten, darunter der Beklagte Kasimir Wid-
mann selbst, gegen die „Verteilung bezw. Verpachtung“ der Mändelbühelanteile.
Die Verteilung der einzelnen Parzellen erfolgte nicht durch Versteigerung, sondern
du rch Zuweisung auf Grund der Vermessung bezw. durch Verlosung; in Ansehung der
letzteren war die Bestimmung maßgebend, daß für die Nichterschienenen ein Mitglied des
Geemeindeausschusses das Los zu ziehen hatte und die Betreffenden sich dem Ergebnisse der
Losziehung unterwerfen mußten.
Schließlich versuchte die Gemeinde Oberstimm — wenn auch ohne Erfolg — die Zu-
stimmung der Aufsichtsbehörde zur völligen Erlassung des „Pachtzinses“ im Interesse der
Nutzungsberechtigten zu erwirken. «
Diese Tatsachen rechtfertigen in ihrem Zusammenhalte die Annahme, daß das zwischen
der Gemeinde Oberstimm und den Gemeindenutzungsberechtigten, darunter auch dem Beklagten,
begründete Rechtsverhältnis nicht als ein dem bürgerlichen Rechte angehörendes Pachtverhältnis,
sondern als ein im öffentlichen Rechte wurzelndes Nutzungsverhältnis im Sinne des Art. 28 der
diesrheinischen Gemeindeordnung anzusehen ist (ogl. Kahr, Note 4 zu Art. 28 der Gemeinde-
ordnung, Bd. 1 S. 272).
Aus der hiernach gegebenen öffentlich-rechtlichen Natur des streitigen Rechtsverhältnisses
folgt aber, daß die Zuständigkeit zur Entscheidung über den fraglichen Pachtzinsanspruch
nicht den Gerichten, sondern den Verwaltungsbehörden zukommt.
Es war daher, wie im Urteilssatze geschehen, zu erkennen.
So geurteilt und verkündet in der öffentlichen Sitzung des Gerichtshofs für Kompetenz-
konflikte vom 22. Februar 1910, an der teilnahmen der Präsident Ritter von Thelemann
und die Räte Dr. Harburger, Hübscher, Griesmeyer, Hausladen, Wunderer,
Loibl, der Generalstaatsanwalt Ritter von Höchtlen und als Gerichtsschreiber der Ober-
sekretär des Obersten Landesgerichts Schein.
gez. von Thelemann.