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begründet, da die Erwirkung eines Arrestbefehls niemals Anspruch auf Einziehung gewähre
und eine Genehmigung zu dieser Einziehung seitens eines hiezu Berechtigten nicht erfolgt
sei. Auf jeden Fall müsse die Gemeinde den erhaltenen Betrag vorerst wieder hinterlegen.
Der Klageantrag werde nunmehr dahin richtig gestellt, daß die Beklagte an Walburga Frank,
verwitwete Wildenauer, 353,68 und an jedes der 5 Kinder des Wildenauer
212,29 —X zu bezahlen, eventuell daß sie den Betrag von 1414,29 gerichtlich zu hinter-
legen habe.
Mit Zwischenurteil vom 16. März 1909 verwarf die 2. Zivilkammer des Landgerichts
München II die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges. Dieses Urteil ist dem Prozeß-
bevollmächtigten der Gemeinde Garmisch am 7. April 1909 zugestellt worden, der am
27. desselben Monats die Berufung zum Oberlandesgericht München einlegte. Die Berufungs-
schrift ist am 28. genannten Monats bei der Berufungsinstanz eingelaufen; sie enthält den
Antrag, die Klage unter Aufhebung des Zwischenurteils abzuweisen.
Der Prozeßbevollmächtigte der Erben Wildenauers beantragte die kostenfällige Zurück-
weisung der Berufung und begründete diesen Antrag in einem Schriftsatze vom 21. Sep-
tember 1909 in nachstehender Weise: Der Anspruch der Kläger sei auf § 812 ff. des
Bürgerlichen Gesetzbuchs gestützt. Die Beklagte habe vor Feststellung der Verpflichtung der
Kläger auf Ersatzleistung gegen den Willen der Kläger und ohne Rechtstitel lediglich durch
das Verschulden des Notars die geforderte Summe erlangt; es liege also ungerechtfertigte
Bereicherung aus dem Verschulden eines Dritten vor, welcher Rechtstitel zweifellos dem
Bürgerlichen Rechte angehöre. In zweiter Linie gründe sich der Anspruch darauf, daß die
Voraussetzungen eines Ersatzanspruches der Gemeinde gegen die Kläger nach den Bestimmungen
des Armengesetzes überhaupt nicht vorlägen. Richtig sei, daß bei Streitigkeiten über Ersatz-
verbindlichkeiten eines Unterstützten gegenüber der Unterstützungsgemeinde gemäß Artikel 5 des
Armengesetzes die Geltendmachung des Ersatzanspruches vor den Gerichten ausgeschlossen sei.
Vorliegenden Falls aber seien die Ansprüche der Gemeinde nicht gegen den Unterstützten selbst,
sondern gegen seine Erben, somit eine Ersatzverbindlichkeit nach Artikel 8 des Armengesetzes
geltend gemacht worden, die im Streitfalle vor die Bürgerlichen Gerichte gehören, welch
letztere daher auch über den auf denselben Gesetzesartikel gestützten Rückersatzanspruch zu
befinden hätten. 6
Vom Anwalt der Beklagten wurde hierauf erwidert, daß die Armenpflege Garmisch
ihre Ersatzforderung bei Lebzeiten des Willibald Wildenauer gegen diesen selbst erhoben
habe, wie ja auch sein Anteil an dem Nachlasse seiner Mutter arrestweise gepfändet worden
sei, und daß, wenn wie hier der Anspruch gegen den Unterstützten selbst gemäß Artikel 5
Abs. 1 des Armengesetzes geltend gemacht worden sei, die verwaltungsrichterliche Zuständig-
keit auch dann gegeben wäre, wenn aus dem Nachlasse des Unterstützten Ersatz begehrt werde;