Nr. 33. 553
mI Die Bestrafung nach Art. 74 Abs. I, II setzt voraus, daß unrichtige oder unvoll-
ständige tatsächliche Angaben wissentlich und mit der Absicht der Hinterziehung gemacht
worden sind. Wissentlich unrichtig oder unvollständig ist eine Angabe nur, wenn der An-
gebende weiß, daß seine Angabe unrichtig oder unvollständig ist. Damit, daß die Be-
strafung nach Art. 74 Abs. I, II von den beiden Voraussetzungen der Wissentlichkeit und
der Hinterziehungsabsicht abhängig gemacht ist, sind unzutreffende Angaben, die ohne Ver-
schulden, versehentlich, in entschuldbarer Unkenntnis der gesetzlichen Vorschriften, im Rechts-
irrtum oder wirklich nach bestem Wissen und Gewissen gemacht worden sind, ebenso wie
irrige Angaben zufolge mangelhafter Fragestellung dem Bereiche dieser Strafvorschrift entzogen.
Die Strafbarkeit von UÜbersehen in Bezug auf bloße Formvorschriften oder in Bezug auf
unzutreffende Angaben, die ohne wesentlichen Belang für die Steuerveranlagung sind, scheidet
von selbst aus. Der Umstand, daß gegen die gesetzlichen Vorschriften gefehlt worden ist,
oder der Umstand, daß die Einkünfte von den Veranlagungsorganen höher geschätzt werden
als der Steuerpflichtige angegeben hat, sind für sich allein ebensowenig ein Grund zur
Strafeinschreitung wie eine unzutreffende Angabe, die in erkennbarer Weise nur eine
Schätzung, nur ein subjektives Urteil enthält und sich nicht auf Tatsachen bezieht. Eine
unzutreffende Angabe über die Schätzung des Geldwerts des Eigenverbrauchs, der Wohnung
im eigenen Hause u. dgl. fällt daher nicht unter Art. 74 Abs. I, II.
IV Die Strafbarkeit ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil eine Steuerverkürzung tatsächlich
nicht eingetreten ist.
V Für den Fall, daß die unrichtigen oder unvollständigen tatsächlichen Angaben zwar
wissentlich aber nicht mit der Absicht der Hinterziehung (Steuergefährdung) gemacht worden
sind, sieht Art. 74 Abs. III eine geringere Strafe vor.
VI Der Begriff für die Anstiftung oder die Beihilfe zu einer Hinterziehung nach Art. 74
Abs. IV bestimmt sich nach den allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen. Sollte eine
strafbare Begünstigung vorkommen, so wäre sie nach § 257 d. RSt G. zu behandeln.
§ 87.
(Art. 77.)
Anordnungen der im Art. 77 erwähnten Art bestehen z. Zt. nicht. Besondere
Straffälle.
§ 88.
(Art. 79.)
1 Die Antragstellung für die Staatsregierung nach Art. 79 Abs. II wird den Regierungs= verletzung
finanzkammern hinsichtlich der Verfehlungen der Mitglieder und Sachverständigen des der
Steuer--
Steuerausschusses und der Berufungskommissionen übertragen; hinsichtlich der Mitglieder der verschwiegen.
Oberberufungskommission ist sie dem Finanzministerium vorbehalten. gen.
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