Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1838. (4)

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VII. 
Die Vorschrift des Generale wegen des Verfahrens in Untersuchungssachen vom 
30sten April 1783, 9 13 wird dahin erläutert, daß in allen Untersuchungen, welche 
unter den vorliegenden besondern Umständen wenigstens Arbeitshausstrafe, oder eine die 
Dauer von Drei Monaten übersteigende Gefängnißstrafe nach sich ziehen können, dem 
Angeschuldigten auch ohne sein Verlangen vor Versendung der Acten zum Verspruch eine 
förmliche schriftliche Verrheidigung zu gestarten, und ihm dazu ein von ihm selbst zu er- 
nennender oder Amtswegen zu bestellender Defensor zuzuordnen ist; dagegen hat in Unter- 
suchungen, welche gegen den Angeschuldigken nur eine Geldstrafe oder eine die Dauer von 
Drei Monaten nicht übersteigende Gefängnißstrafe nach sich ziehen können, der Richter 
nach beendigter Instruction der Sache den Angeschuldigten über dasjenige zu befragen, 
was er zu seiner Vertheidigung oder Entschuldigung anzuführen vermag, auch ihm dabei 
auf Verlangen zu gestakten, binnen der gesetzlichen Frist mit einer schriftlichen Vorstellung 
einzukommen; es ist aber weder von Amtswegen ein Vertheidiger zu Fertigung einer 
schriftlichen Defension zu bestellen, noch der Verfasser einer solchen Vorstellung berech- 
tigt, die Bezahlung dafür, mit Ausnahme der Verläge, von dem Gericht zu verlangen. 
Dasselbe findet statt, wenn in den letzterwähnten Unrersuchungen der Angeschuldigre bei 
der erfolgken ersten Enrscheidung sich nicht beruhig'. 
VIII. 
Die Bestimmung in dem Gesetz, die höhern Justizbehörden und den Instanzenzug in 
Justizsachen berreffend, vom 28sten Januar 1835, 9 38 unter 1 wird dahin abgeän- 
dert, daß wegen Verbrechen, welche unter den vorliegenden besondern Umständen Todes-, 
Zuchthaus-, Arbeitshaus= oder eine die Dauer von Drei Monaten übersteigende Gefängniß= 
strase nach sich ziehen können, das Bezirksappellationsgericht das erste Urthel abzu- 
fassen hat. 
IX. 
Wenn bei einer zu Enrscheidung einer Untersuchung nochwendigen gerichrlichen Hand- 
lung eine vorgeschriebene Formalität verabsäumt worden ist, und diesem Mangel weder 
durch Wiederholung der Handlung, noch auf andre gesetzlich gestattete Weise abgeholfen 
werden kann, so har der erkennende Richter bei der Entscheidung den Einfluß der Ver- 
letzung der Form auf die Glaubwürdigkeic der Handlung selbst zu prüfen, und das Er- 
kenntniß mit dieser Berücksichtigung abzufassen, jedoch kann bei dem Mangel einer unter 
der Strafe der Nichtigkeit vorgeschriebenen Formalität niemals auf Todesstrafe erkannt 
werden. Bielmehr erite stark derselben lebenslängliches Zuchthaus ersten oder zweiten Gra- 
des ein.
	        
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