Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

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hörde eine Aussage, von der er weiß oder überzeugt ist, daß sie unwahr sei, jedoch nicht 
eidlich (vergl. Art. 221), erstattet, ist, wenn die Aussage in einer Untersuchung wegen eines 
im Mindestbetrage mit Arbeitshaus oder einer höheren Strafart bedrohten Verbrechens 
erstattet wird, mit Gefängniß oder Arbeitshaus bis zu zwei Jahren, in allen anderen 
Fällen mit Gefängniß oder Arbeitshaus bis zu einem Jahre zu bestrafen. In Fällen, 
wo die zu erkennende Strafe nicht über sechs Wochen Gefängniß ansteigt, kann statt der- 
selben auf Geldbuße bis zu einhundert und fünfzig Thalern erkannt werden. 
Sind wahrheitswidrige, nicht eidliche Aussagen aus Unbedachtsamkeit erstattet worden, 
so findet Gefängnißstrafe bis zu drei Monaten oder Geldstrafe bis zu dreihundert Thalern 
Statt. 
Die wahrheitswidrige Aussage ist mit dem Schlusse der Abhörung, wobei sie erstattet 
worden, für vollendet zu achten. Wegen Versuchs derselben findet ein Strafverfahren 
nicht Statt. 
Art. 230. 
Strafausschließungs= und Milderungsgrund. 
Sind Personen, welche gesetzlich befugt sind, das Zeugniß in einer gewissen Sache 
abzulehnen, und dieses Befugniß in Anspruch genommen haben, demungeachtet zur eid- 
lichen Aussage angehalten worden, so ist höchstens auf die Hälste der wegen des Meineides 
oder des leichtsinnigen Falscheides verwirkten Strafe zu erkennen. Bei nicht eidlicher Aus- 
sage ist dieser Fall straflos. 
Art. 231. 
Widerruf. 
Ist die wahrheitswidrige eidliche oder nicht eidliche Aussage von dem, der sie erstattet 
hat, aus eigenem Antriebe, und bevor noch ein Rechtsnachtheil für einen Anderen daraus 
entstanden, widerrufen worden, so ist der Fall einem nach Art. 42 Nr. 1 zu beurtheilenden 
Versuche gleich zu achten. 
Wurde die wahrheitswidrige Aussage jedoch bei einer Hauptverhandlung oder in einem 
Verhandlungstermine vor einem Strafgerichte erstattet, und noch vor dem Schlusse der 
Verhandlung widerrufen, so soll eine Strafe nicht eintreten. 
Art. 232. 
Schmähungen in Beziehung auf Religion und Cultus. 
Wer zum öffentlichen Aergernisse, in Wort oder Schrift (vergl. Art. 125), über Gott 
oder göttliche Dinge, oder über andere Gegenstände der religiösen Verehrung, oder über 
Religions-Lehren oder Gebräuche, verhöhnende oder verächtliche Aeußerungen sich erlaubt, 
ingleichen wer in Kirchen oder an anderen zur Gottesverehrung bestimmten Orten, oder 
an Gegenständen, welche dem Gottesdienste gewidmet sind oder eine kirchlich -symbolische 
1855. 39
	        
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