Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

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Art. 69. 
Wirkung der Unfähigkeit. 
Die von einem unfähigen Richter oder einem unfähigen Staatsanwalte vorgenom— 
menen Handlungen sind von der Zeit an, wo demselben die Thatsache bekannt wurde, 
welche die Unfähigkeit begründete, nichtig. 
Die früher von ihm vorgenommenen Handlungen verbleiben jedenfalls in Kraft. Auch 
soll die Nichtigkeit nicht auf solche, wenn gleich spätere Handlungen sich erstrecken, welche 
im Eilfalle vorgenommen worden sind. 
Wird behauptet, daß ein Richter oder Staatsanwalt, welcher an einer Hauptverhand— 
lung oder der Verhandlung über einen Einspruch Theil nehmen soll, oder daß der Einzel— 
richter unfähig sei, so ist bei Verlust der hierauf zu gründenden Nichtigkeitsbeschwerde, die 
letztere, und zwar bezüglich des Einzelrichters noch vor dem Erkenntnisse bei diesem selbst, 
in den übrigen Fällen aber noch vor der Eröffnung der Verhandlung bei dem Bezirks- 
gerichte vorläufig anzumelden. (Vergl. noch Art. 89). " 
Art. 70. 
Ablehnung der Gerichtsmitglieder. 
Der Angeschuldigte, der Privatankläger und der Staatsanwalt können, auch außer 
dem Falle der Unfähigkeit, Mitglieder des Gerichts ablehnen, wenn sie Gründe anzu— 
geben und, soweit nöthig, zu bescheinigen vermögen, wegen deren dem Ablehnenden un— 
geschwächtes Vertrauen in die Unpartheilichkeit derselben nicht zugemuthet werden kann. 
Zur Bescheinigung der Thatsachen, auf welche das Ablehnungsgesuch gestützt wird, 
kann ein Bestärkungseid auferlegt werden. Bestätigt jedoch der Abgelehnte selbst die 
Wahrheit des Ablehnungsgrundes auf seinen Diensteid, so bedarf es keiner weiteren Be— 
scheinigung. 
Die Richter, welche an einer Hauptverhandlung oder an einer Verhandlung über ein 
Rechtsmittel Theil nehmen sollen, können nur bis zur Eröffnung der Verhandlung abge— 
lehnt werden. 
Art. 71. 
Entscheidung über die Ablehnung. 
Ueber die Zulässigkeit einer Ablehnung entscheidet bei Einzelrichtern das Bezirksgericht, 
bei anderen Richtern das Gericht, welchem der Abgelehnte angehört. 
Der abgelehnte Richter darf an diesen Entscheidungen nicht Theil nehmen. 
Rechtsmittel gegen diese Entscheidungen sind nicht zulässig. 
Art. 72. 
Ablehnung eines Mitgliedes der Staatsanwaltschaft findet nicht Statt.
	        
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