Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

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Dem Verhafteten sind in jedem Falle die Gründe der Haftanlegung binnen vier und 
zwanzig Stunden zu eröffnen. 
Art. 153. 
Vollziehung der Verhafts= und Vorführungsbefehle. 
Die Verhafts= und Vorführungsbefehle sind in dem ganzen Umfange des Königreichs 
vollstreckbar. 
Wenn der Angeschuldigte, gegen den ein Verhafts= oder Vorführungsbefehl erlassen 
worden ist, außerhalb des Bezirks des Untersuchungsgerichts betroffen wird, so ist er dem 
Richter oder einem mit der Polizeiverwaltung beauftragten Beamten des Orts vorzuführen, 
welcher den Befehl gegenzeichnet, ohne dessen Vollstreckung hindern zu dürfen. 
Verweigert der Angeschuldigte, sich dem Befehle zu fügen, oder versucht er, sich der 
Vollstreckung desselben zu entziehen, so ist mit Zwangsmaaßregeln gegen ihn zu verfahren. 
Der mit der Vollstreckung beauftragte Beamte kann, wenn er es für nöthig findet, den 
Beistand der Justiz= oder Polizei= oder Militärbehörden in Anspruch nehmen. 
Art. 154. 
Vollziehung der Untersuchungshaft. 
Bei Vollziehung der Untersuchungshaft sollen dem Verhafteten keine größeren Beschränk- 
ungen auferlegt werden, als welche die Sicherung seiner Person, der Untersuchungszweck 
und die Gefängnißpolizei nöthig machen. 
In der Regel ist der Angeschuldigte in einem öffentlichen Gefängnisse zu verwahren, 
es kann aber auf sein Verlangen und seine Kosten, welche von ihm vorzuschießen, die Be- 
wachung in seiner oder in einer anderen Privatwohnung angeordnet werden, wenn diese 
Bewachung ausführbar erscheint und der Zweck der Haft dadurch ebenfalls mit Sicherheit 
erreicht wird. 
Art. 155. 
Dem Angeschuldigten dürfen Fesseln nur dann angelegt werden, wenn er der Flucht 
oder der Absicht, sich selbst zu tödten oder zu verletzen, verdächtig ist und nicht anders mit 
Sicherheit verwahrt werden kann, oder wenn die Fesselung wegen sonst zu besorgender Ge- 
walthandlungen des Verhafteten erforderlich erscheint. 
Der verhaftete oder in Verwahrung genommene Angeschuldigte ist zur Absendung von 
Briefen nur dann befugt, wenn der Richter sie gelesen und ihre Absendung unbedenklich 
gefunden hat. (Vergl. übrigens Art. 209) Schreiben an die dem Untersuchungsrichter 
vorgesetzten Justizbehörden darf der Angeschuldigte ohne diese Beschränkung absenden.
	        
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