Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

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Die Fragen an den Zeugen sind deutlich und bestimmt zu fassen und ist überall der 
Grund seines Wissens zu erforschen. 
Der Zeuge hat die Fragen mündlich (vergl. jedoch Art. 219 am Schlusse) zu beant— 
worten; es können aber daneben von ihm freiwillig oder auf Verlangen des Richters 
schriftliche nähere Nachweisungen und Auslassungen zu den Acten gegeben werden. 
Vor dem Schlusse der Abhörung ist der Zeuge zu befragen, ob ihm noch ein zur 
Sache gehöriger erheblicher Umstand bekannt sei. Auch kann ihm Stillschweigen wegen 
seiner Aussage auferlegt werden. 
Der Zeuge kann die Beantwortung einer Frage ablehnen, wenn aus der Frage 
selbst erhellt oder sonst von dem Zeugen glaubhaft gemacht wird, daß eine Erklärung 
darauf zu seiner eigenen Schande oder zur Schande eines seiner Angehörigen gereiche. 
Würde die Ablegung des Zeugnisses oder die Beantwortung einer Frage für den 
Zeugen einen unmittelbaren und bedeutenden Vermögensnachtheil nach sich ziehen, so soll 
er, wenn er deshalb das Zeugniß verweigert, nur in besonders wichtigen Fällen dazu an- 
gehalten werden können. 
Art. 223. 
Gegenüberstellung der Zeugen. 
Wegen Gegenüberstellung der Zeugen mit dem Angeschuldigten ist den Vorschriften 
des Art. 172 nachzugehen. 
Die Angehörigen des Angeschuldigten dürfen jedoch, wenn sie sich als Zeugen haben 
abhören lassen, dem Angeschuldigten nur dann gegenübergestellt werden, wenn sie es auf 
Befragen des Richters nicht ablehnen, oder wenn ver Angeschuldigte die Gegenüberstellung 
verlangt. 
Der Untersuchungsrichter kann die Gegenüberstellung mehrerer Zeugen unter sich ver- 
fügen und dieser Maaßregel können auch die Angehörigen des Angeschuldigten, wenn sie 
sich haben abhören lassen, sich nicht entziehen. 
Art. 224. 
Vereidung der Zeugen. 
In der Voruntersuchung findet eine Vereidung der Zeugen nicht Statt, ausgenommen, 
wenn aus erheblichen, im Protocolle anzugebenden Gründen entweder zu bezweifeln ist, 
daß der Zeuge unvereidet die volle Wahrheit sagen werde, oder zu besorgen steht, daß der 
Zeuge am Erscheinen vor dem erkennenden Gerichte werde verhindert sein. 
Es sind jevoch die Angehörigen des Angeschuldigten, auch wenn sie sich haben abhören 
lassen, den Zeugeneid abzulehnen befugt, wovon sie der Richter, bevor er zu dessen Ab- 
nahme schreitet, in Kenntniß zu setzen hat. 
Steht der Zeuge in Amtspflicht und ist der von ihm geleistete Amtseid ausdrücklich 
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