Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

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statten. Jedoch gebührt dem Angeklagten und seinem Vertheidiger jedenfalls das Recht 
der letzten Aeußerung. 
Demnächst erklärt der Vorsitzende, nachdem er zuvor die Frage an den Angeklagten 
gestellt hat, ob er noch irgend eine Bemerkung zu machen habe, die Verhandlung für 
geschlossen. 
Die Mitglieder des Gerichts ziehen sich hierauf zur Berathung des Erkenntnisses in 
das Berathungszimmer zurück. 
Den Bestimmungen des Art. 233, Abs. 3, 4 ist auch hier nachzugehen. 
Art. 297. 
Beschränkung des Erkenntnisses auf die Anklagethatsachen. 
Das Gericht ist an die rechtliche Beurtheilung der dem Angeklagten beigemessenen 
strafbaren Handlung, von welcher das Verweisungserkenntniß oder die demselben etwa zu 
Grunde liegende Entscheidung des Oberappellationsgerichts (vergl. jedoch Art. 353) oder 
die Staatsanwaltschaft bei ihren Anträgen ausgegangen ist, ebenso wenig, als an die An— 
träge der letzteren in Bezug auf die Art und Höhe der Strafe gebunden. 
Art. 298. 
Neu hervortretende Umstände. 
Werden in der Hauptverhandlung neue, in dem Verweisungserkenntnisse nicht ange— 
führte Umstände ermittelt, durch welche die dem Angeklagten beigemessene strafbare That 
eine andere strafrechtliche Natur erhält, als in dem Verweisungserkenntnisse angenommen 
worden, insbesondere durch welche das Verbrechen zu einem ausgezeichneten derselben Art 
erhoben oder die Anwendung eines höheren gesetzlichen Strafsatzes bei demselben bedingt 
wird, so hat das Bezirksgericht über das Verbrechen in dieser Beschaffenheit abzuurtheilen, 
es sei denn, daß es wegen der neu hervorgetretenen Umstände die Zurückweisung der Sache 
in die Voruntersuchung für angemessen erachtet. 
Das Gericht hat übrigens, wenn es nicht gemeint ist, eine solche Zurückweisung zu 
verfügen, bei Vermeidung der Nichtigkeit, den Staatsanwalt und den Angeklagten, und 
zwar jedenfalls vor der Urtheilsfällung, aufzufordern, dasjenige, was sie etwa bezüglich 
dieser neuen Umstände anzutragen gemeint sind, vor dem Schlusse der Verhandlung anzu- 
bringen und ihre Schlußvorträge auf dieselben mit zu richten. 
Art. 299. 
Jedenfalls hat das Gericht, es möge nun die Abweichung Lom Verweisungserkennt- 
nisse sich auf neue Thatsachen stützen oder nicht, der sofortigen Aburtheilung sich zu 
unterziehen, «
	        
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