Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

(423 ) 
Art. 306. 
Wird der Angeklagte frei gesprochen, so hat er dessenungeachtet die auf seine Ver— 
theidigung verwendeten Kosten insoweit, als deren Uebertragung aus der Staatscasse nach 
Art. 409 unbedingt ausgeschlossen ist, die übrigen Untersuchungskosten aber nur insoweit, 
als er solche durch falsche Selbstanzeige oder falsche außergerichtliche Berühmung der 
Thäterschaft veranlaßt hatte, zu tragen. 
Nicht minder ist der Freigesprochene in die Abstattung der Kosten zu verurtheilen, 
welche durch Versäumnisse oder offenbar unerhebliche Anträge desselben erwachsen sind. 
Art. 307. 
Ist ein Angeklagter wegen mehrerer Handlungen in Untersuchung gezogen und es er— 
folgt ein denselben theils verurtheilendes, theils freisprechendes Enderkenntniß, so sind hin— 
sichtlich desjenigen Theils der Untersuchung, worauf die Verurtheilung beruht, die Vor— 
schriften des Art. 305, hinsichtlich desjenigen, worauf die Freisprechung beruht, die 
Vorschriften des Art. 306 zur Anwendung zu bringen. 
In derselben Weise ist zu verfahren, wenn der Angeklagte zwar wegen der ihm bei— 
gemessenen Handlung verurtheilt, diese aber für ein geringeres Verbrechen geachtet wird, 
wegen dessen die sämmtlichen aufgewendeten Kosten nicht aufzuwenden gewesen sein würden. 
Wenn von mehreren, wegen derselben Handlung Angeklagten einer oder einige frei ge— 
sprochen, ein anderer oder einige andere aber verurtheilt werden, so sind die Kosten von 
denselben, soweit sie hierzu nach Art. 305 und Art. 306 verpflichtet sind, abzustatten. 
Lassen die Kosten in diesen Fällen sich nicht füglich trennen, so ist die Verurtheilung 
in die Kosten auf einen nach richterlichem Ermessen festzustellenden Antheil der Gesammt— 
kosten zu richten. 
Art. 308. 
Abfassung und Bekanntmachung des Erkenntnisses. 
Das Erkenntniß nebst den Entscheidungsgründen ist niederzuschreiben und von dem 
Vorsitzenden, nachdem er und die übrigen Richter sich in den Gerichtssaal zurückbegeben 
haben, in der Sitzung bekannt zu machen. 
Der Vorsitzende läßt auch die in dem Erkenntnisse angezogenen Gesetzstellen vorlesen 
und belehrt bei verurtheilenden Erkenntnissen den Angeschuldigten über die ihm zustehenden 
Rechtsmittel im Allgemeinen, falls derselbe nicht mit einem Vertheidiger versehen ist. 
Es kann jedoch in besonders umfänglichen Sachen zwar nicht die Bekanntmachung des 
Erkenntnisses, wohl aber die der Entscheidungsgründe ausgesetzt, und die letztere in einer 
sofort anzuberaumenden, nicht über acht Tage hinauszuschiebenden Sitzung vorgenommen 
werden. Diese Bekanntmachung geschieht gleichfalls in öffentlicher Sitzung. Sie kann 
auch durch einen beauftragten Richter erfolgen. (Vergl. übrigens noch Art. 6, Abs. 3) 
1856. 63
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.