Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

( 434 ) 
Art. 340. 
Anträge auf Beweisaufnahmen. 
Der Angeklagte kann zur Rechtfertigung der Berufung neue Thatsachen vorbringen 
und deren Erhebung, sowie die Abhörung von Zeugen beantragen, gleichviel ob letztere 
schon früher von ihm angegeben und ob solche bereits in der Hauptverhandlung oder vor 
derselben befragt worden sind oder nicht. 
Dasselbe gilt von dem Antrage auf Benutzung anderer Beweismittel und auf Vor- 
nahme anderer Untersuchungshandlungen. 
Er hat bei der Angabe neuer Beweismittel zugleich bestimmt die Thatsachen anzugeben, 
zu deren Beweise sie dienen sollen. 
Das Oberappellationsgericht entscheidet über diese Anträge. 
In dringlichen Fällen kann ausnahmsweise der Untersuchungsrichter auch vor der Ent- 
scheidung des Oberappellationsgerichts vorläufige Erhebungen vornehmen. 
Art. 341. 
Verhandlungstermin. 
Das Oberappellationsgericht hat behufs der Verhandlung und Entscheidung über die 
Berufung einen Termin anzuberaumen, wenn entweder 
1) eine neue Beweisaufnahme stattfinden soll (vergl. jedoch Art. 342, Abs. 3), 
oder wenn 
2) auf Todes= oder lebenslängliche Zuchthausstrafe erkannt worden ist. 
In den übrigen Fällen entscheidet es über die Berufung ohne weitere Verhandlung. 
Art. 342. 
Eine solche Beweisaufnahme (Art. 341, 1) hat das Oberappellationsgericht jevoch 
nur dann anzuordnen, wenn sich, insbesondere in Folge angezeigter neuer Thatsachen oder 
Beweismittel, erhebliche Zweifel gegen die thatsächlichen Feststellungen des Erkenntnisses 
erster Instanz ergeben. 
Das Oberappellationsgericht ist hierbei an die Anträge des Angeklagten (Art. 340) 
nicht gebunden. 
Auch kann es, wenn solche Zweifel sich ergeben, zur Vorbereitung seiner Entschließung 
eines seiner Mitglieder oder den Untersuchungsrichter oder ein hierzu geeignetes Gericht 
mit der Vornahme einzelner Untersuchungshandlungen, insbesondere mit der vorläufigen 
Erhebung der neuen Beweismittel und mit der Erörterung der neuen Thatsachen beauf- 
tragen. Das Oberappellationsgericht hat sodann zu ermessen, ob es annoch einen Termin 
anberaumen oder auf Grund dieser Erörterungen und Erhebungen, ohne weitere Verhand- 
lung über die Berufung erkennen will. Letzteren Falls hat es jedoch vor der Entscheidung
	        
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