Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

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Art. 361. 
Bei Führung der Untersuchung hat sich der Richter nach den Vorschriften zu richten, 
welche für die Voruntersuchung der vor das Bezirksgericht gehörigen Verbrechen in diesem 
Gesetze ertheilt worden sind. Auch stehen ihm behufs der Erforschung der Wahrheit, der 
Gestellung und Festhaltung des Angeschuldigten und sonst alle diesenigen Mittel und zwar 
in derselben Maaße, jedoch auch mit derselben Beschränkung zu, wie solche in den Vor- 
schriften dieses Gesetzes für die Voruntersuchung gestattet worden sind. Jedoch findet die 
Vorschrift des Art. 224, Abs. 1 keine Anwendung. Vielmehr bleibt es dem Ermessen des 
Richters überlassen, wie weit er für die Entscheidung eine Vereidung der Zeugen und Sach- 
verständigen für nöthig erachtet. Bei der Vereidung, welche nach erfolgter Abhörung vor- 
zunehmen, ist die Formel II, B im Anhange anzuwenden. Auch können diese Personen 
mit Zustimmung des Angeschuldigten statt durch Eidesabnahme mittels Handschlags an 
Eidesstatt verpflichtet werden. 
Die Zuziehung von Urkundspersonen ist nur in denjenigen Fällen nothwendig, in denen 
dieselbe rücksichtlich der Untersuchung der an das Bezirksgericht gewiesenen Verbrechen vor- 
geschrieben ist. 
Will der Einzelrichter das Verfahren einstellen, so ist hierzu weder die vorherige Be- 
fragung des Staatsanwalts noch die Anzeige an das Bezirksgericht (Art. 125) erforder- 
lich. Er hat jedoch die Einstellung nachträglich und unverzüglich dem Staatsanwalte und 
bei den auf Antrag untersuchten Verbrechen auch dem Antragsteller zu eröffnen. 
Art. 362. 
Der Richter hat, wenn er die angestellten Erörterungen für ausreichend erachtet, um 
ein Erkenntniß in der Hauptsache ertheilen zu können, die Untersuchung zu schließen und 
solches sowohl dem Angeschuldigten, als dem Staatsanwalte und beziehendlich auch dem 
Antragsteller (Art. 358) zu eröffnen. 
Der Richter hat bierbei zugleich dem Angeschuldigten, wenn er das ihm Beigemessene 
völlig oder doch theilweise geläugnet hat, die wider ihn sprechenden Verdachtsgründe noch- 
mals vorzuhalten und zur Angabe dessen, was er biergegen noch geltend zu machen gemeint 
sei, aufzufordern. 
Hat der Angeschuldigte sich einen Vertheidiger gewählt, so kann der letztere nach Schluß 
der Untersuchung die Acten an Gerichtsstelle einsehen, wogegen über Gesuche um Einstchts- 
nahme der Acten zu einer früheren Zeit oder um Mittheilung der Acten in die Wohnung 
des Vertheidigers der Einzelrichter entscheidet. Auch sind dem Angeschuldigten auf dessen 
Verlangen die Acten nach Schluß der Untersuchung an Gerichtsstelle und unter Aussicht 
einer Gerichtsperson zur Einsicht vorzulegen. 
Den Vorschriften des Art. 42, Abs. 1, 2 ist hier gleichfalls insoweit nachzugehen, 
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